08.02.2013

Miesmuscheln: Gericht verbietet Import von Saatmuscheln

Schleswig-Holsteins Muschelfischer dürfen in Zukunft keine Miesmuscheln aus Gebieten importieren, die außerhalb des schleswig-holsteinischen Wattenmeeres liegen. Mit dieser Entscheidung folgte das Bundesverwaltungsgericht (BVG) in einem aktuellen Urteil (Az.: 4 B 18.12) einer im Dezember 2011 ergangenen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes Schleswig (Az.: 1 LB 19/10) gegen den Import von Saatmuscheln, teilt die Umweltorganisation WWF mit. Hintergrund ist eine Klage, die die Schutzstation Wattenmeer mit Unterstützung vom WWF gegen die Fischereibehörden des Landes eingereicht hatte. Die frühere schleswig-holsteinische Landesregierung hatte über mindestens sechs Jahre gebilligt, dass die Fischereibetriebe für die im Nationalpark gelegenen Kulturflächen junge Miesmuscheln importiert hatten - insbesondere aus Irland, Großbritannien und Niedersachsen -, weil im Wattenmeer selbst zu wenig Muscheln vorkommen.

Dabei hatte die Regierung nicht berücksichtigt, dass das Nationalparkgesetz das Aussetzen standortfremder Tiere im Wattenmeer verbietet. "Dies tut es aus gutem Grund, denn auch die biologische Vielfalt im Meer leidet immer mehr unter der Einschleppung von gebietsfremden Arten", heißt es in einer Erklärung des WWF. Besonders auffällig und durchsetzungsfähig seien die Pazifische Auster und die Amerikanische Schwertmuschel, die sich letztlich auf Kosten heimischer Arten ausbreiten. Außerdem werden beim Import gebietsfremde Arten, die an den eingeführten Miesmuscheln haften oder als Parasiten in ihnen leben, unvermeidbar mit eingeführt. Schließlich seien auch die Miesmuscheln selbst nicht identisch mit den wilden Miesmuscheln im Wattenmeer, sondern an andere Standorte angepasst.

Unklar ist nun, ob die Muschelfischerei im schleswig-holsteinischen Wattenmeer noch eine Zukunft hat. 2011 ernteten die acht Betriebe immerhin 12.900 Tonnen im Wert von 17,5 Mio. Euro. Da jedoch die traditionelle "Besatzmuschelfischerei" nicht ertragreich und die Einfuhr untersagt ist, bleibt als Alternative die Nutzung so genannter Saatmuschelgewinnungsanlagen (SMA) in ausgewählten Meeresgebieten. Bei diesen "Smartfarms" handelt es sich um bis zu 130 Meter lange Kunststoffrohre, die als Auftriebskörper an der Wasseroberfläche schwimmen. An den Rohren sind 3 bis 6 Meter tief herabreichende grobmaschige Kunststoffnetze befestigt, an denen sich die Muschellarven ansiedeln. Das Projekt gründet auf der Beobachtung, dass zum Beispiel an schwimmenden Seezeichen eine dichte Miesmuschelbesiedlung zu finden war, während der Boden darunter keine Besiedlung aufwies. Damit liegt der Schluss nahe, dass die jüngsten Muscheln am Boden einem Wegfraß unterliegen, während dies in der Nähe der Wasseroberfläche nicht der Fall ist. Der WWF hingegen wertet auch den "Bau von Saatmuschelgewinnungsanlagen auf einer Fläche von mehreren hundert Hektar des geschützten Wattenmeeres" als "einen neuerlichen schweren Eingriff in den Nationalpark" und fordert Umweltminister Dr. Robert Habeck auf, diesen nicht zuzulassen. Als weitere wirtschaftliche Perspektive für die Fischer hatte Peter Ewaldsen, Vorsitzender der Erzeugerorganisation schleswig-holsteinischer Muschelzüchter, im Sommer letzten Jahres mögliche Hängekulturen erwähnt.

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