24.08.2023
Norwegen: "Massiver" Preiseinbruch bei Schellfisch
Die Preise für Schellfisch aus Norwegen fallen in diesem Jahr erheblich stärker, als das in den vergangenen Jahren der Fall gewesen ist, meldet das Portal IntraFish unter Berufung auf Finn-Arne Egeness, leitender Seafood-Analyst bei der Nordea-Bank. Das betreffe insbesondere gefrorenen Schellfisch ausgenommen, ohne Kopf (H&G), das wichtigste Produkt dieser Fischart in Norwegen. Egeness teilt mit, die den Fischern gezahlten Preise lägen gemessen in NOK 17 % niedriger – als im Vorjahr –, gemessen in Euro sogar 30 %. Nach Angaben der Verkaufsorganisation norwegischer Fischer – Norges Rafisklag – wurden den Fischern im August für TK-Schellfisch 23,63 NOK (=2,- Euro)/kg gezahlt – ein Minus von 24 % gegenüber dem Preis, der im August 2022 bezahlt wurde: 31,23 NOK (=2,70 Euro)/kg. Bislang seien 30.616 t im Wert von 47,7 Mio. Euro gefischt worden. Dabei gingen die Schellfisch-Exporte derzeit stärker zurück als die Fangmengen, sagt Egeness und hält angesichts wachsender Lagerbestände einen weiteren Preisrückgang für möglich. Die Schellfischpreise bewegten sich auch gewöhnlich wie eine Achterbahnfahrt, meint der Analyst, doch der derzeitige Preiseinbruch sei auch aus historischer Perspektive "massiv".
So sei der Preisunterschied zwischen Kabeljau und Schellfisch noch nie so groß gewesen. Nach Angaben von Norges Rafisklag erhalten die Fischer im August im Schnitt 48,74 NOK (=4,20 Euro)/kg für gefrorenen Kabeljau und damit 25,11 NOK (=2,20 Euro)/kg mehr als für Schellfisch, sprich: mehr als das Doppelte. Historisch betrachtet sind Preiseinbrüche beim Schellfisch die Folge von Schwierigkeiten der Weltwirtschaft, ob das jene Krise war, die 2001 auf 9/11 folgte, die internationalen Finanzkrisen 2008 und 2009 oder die europäische Hypothekenkrise im Jahre 2012. Auch während der Corona-Pandemie fielen die Schellfisch-Preise. Außerdem fallen sie nach längeren Phasen des Preisanstiegs: Nach den "massiven" Hochpreisperioden 2013 und 2014 gingen sie 2015 und 2016 wieder zurück. 2022 wiederum erreichten die Preise für TK-Schellfisch aus Norwegen, gemessen in NOK, Rekordhöhen, der Preisanstieg war historisch unique.
"Das kann zu einem erheblichen Anteil den Preisfall erklären", meint Analyst Egeness. Angesichts von Inflation, steigenden Zinsen und weiteren Preiserhöhungen suchen viele Verbraucher sowohl in Europa wie auch in den USA nach günstigeren Alternativen zum Schellfisch.
Eine weitere Erklärung für die Preissensibilität des Schellfischs sei der Umstand, dass es bei dem Fisch weniger wertgesteigerte, verarbeitete Produkte gebe als etwa von Kabeljau und Seelachs, meint Egeness: "Die Konsequenz: Geht die Nachfrage nach einem Schellfisch-Produkt in einem Markt zurück, dann ist die Wahrscheinlichkeit für einen Preisrückgang höher als bei anderen Grundfischarten." Im Vorjahresvergleich sind die Exporte von norwegischem TK-Schellfisch nach China 15 % zurückgegangen. Das spiegele die rückläufige Nachfrage in den USA und Großbritannien, den Hauptmärkten für in China verarbeiteten Schellfisch. Parallel zum Rückgang der Exporte nach China seien die Ausfuhren nach Polen angestiegen, einem weiteren wichtigen Standort für die Weiterverarbeitung. Diese Verlagerung könne den Exportrückgang nach China zur Hälfte erklären und spiegele den Umstand, dass viele Käufer nach Verarbeitungsorten suchten, die näher an den Endverbraucher-Märkten lägen. Schließlich bevorzugten viele chinesische Fabriken Schellfisch aus Russland, weil er billiger sei als norwegischer Fisch. Da die Schellfisch-Quote in der Barentssee 2024 um 25 % reduziert werden soll, hält Finn-Arne Egeness einen "positiven Einfluss" auf die Preise für möglich.
Der Fischmagazin-Newsletter: Hier kostenlos anmelden