08.02.2012
Russland: Neuer Verband der Fischindustrie
In Russland haben sich zwei kleinere Verbände der fischverarbeitenden Industrie zur ‚Fish Union’ mit derzeit 27 Mitgliedern zusammengeschlossen, meldet das Portal IntraFish. Im Oktober schlossen sich die ‚Union of Seafood Processors’ unter Führung von Jury Alasheev und die bisherige ‚Fish Union’ unter Sergei Gudkov zur neuen ‚Fish Union’ zusammen. Unter Führung von Alasheev, Inhaber des führenden russischen Garnelenimporteurs Agama, will die neue Vereinigung zahlreiche Missstände und Defizite der Branche angehen. Zum einen soll die Marktdominanz der vier größten Seafood-Importeure – Russian Fish, Technolat, Atlant-Pacific und North Company – thematisiert werden. Denn obwohl die Fish Union, die ein Handelsvolumen von 500.000 Tonnen Fisch und 15.000 Beschäftigte repräsentiert, der größte Branchenverband in Russland ist, sind die vier genannten Unternehmen nicht Mitglied.
Anlass der Neugründung sind zum einen monopolartige Strukturen im Bereich der russischen Fischimportwirtschaft. Anlässlich eines Seminars in der russischen Handelskammer in Oslo Ende Oktober weigert sich Alasheev zwar, den Begriff „Kartell“ zu verwenden, wird jedoch im Barents Observer mit den Worten zitiert: „Uns gefällt das System nicht, das entstanden ist.“ Seit 2006 kontrollieren einige wenige russische Firmen die lukrative Einfuhr norwegischer Fischprodukte. Norwegen exportierte 2010 rund 350.000 Tonnen Seafood im Wert von über 625 Mio. Euro nach Russland und ist damit der größte Fischlieferant des Landes. Kritiker werfen einigen großen Importeuren vor, enge Beziehungen zu russischen Veterinärbehörden zu pflegen. Diese wiederum verhängen über norwegische Exporteure, die mit anderen Importeuren zusammenarbeiten, Sanktionen und Einfuhrverbote. In den letzten Jahren hatten mehrere norwegische Exporteure ihre Einfuhrlizenzen für den russischen Markt verloren - im September erhielten wieder drei ein Einfuhrverbot. Im Herbst habe Russlands Kartellaufsicht damit begonnen, die Situation im Fischimportsektor zu untersuchen, teilte Jury Alasheev mit. Der neu gegründete Verband besitze die volle Unterstützung der russischen Regierung und wolle sich für verstärkte Transparenz, Wettbewerb und Professionalisierung in der Branche einsetzen.
Weitere drängende Themen sind die schlechte Gesundheit der russischen Bevölkerung, die bislang mangelnde Kooperation mit Regierungsbehörden, Qualitätsaspekte und Marketing. Die Lebenserwartung in Russland liegt derzeit bei nur 63 Jahren für Männer und 74 Jahren für Frauen – ein Problem, das den Gesundheitsbehörden Kopfzerbrechen bereitet. Hauptursache für die hohe Sterblichkeit insbesondere unter Männern seien Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Hier habe die Fischindustrie eine gute Möglichkeit, Seafood als Teil einer gesünderen Ernährung zu propagieren, sagte Alasheev. Gleichzeitig sollen Qualität und Vielfalt des Fischangebots am Markt gesteigert werden. Parallel soll die Beteilung der Industrie an verschiedenen Arbeitsgruppen, Foren und Runden Tischen ausgebaut werden. Um diese intensivere Partizipation vorzubereiten, wird es am 16. Februar einen von Regierungsseite geleiteten Fisch-Kongress geben, der wiederum bei einer Zusammenkunft der russischen Fischindustrie am 1. Februar in Moskau vorbereitet werden soll. Alasheev will, dass auch die Verarbeiter in den Regierungsbehörden vertreten sind – bislang repräsentiere die Bundesfischbehörde als Teil des Landwirtschaftsministeriums nur die Fischerei-Unternehmen.
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