13.06.2012
Brüssel: Fischereiminister beschließen Rückwurf-Verbot - ohne Zeitplan
Der Rat der EU-Fischereiminister hat sich heute grundsätzlich darauf geeinigt, Rückwürfe zu verbieten - ohne jedoch zu beschließen, wann dieses Discard-Verbot in Kraft treten soll. Als vorläufige Daten nennt der Ministerrat den 1. Januar 2014 für die Schwarmfischerei - das heißt für pelagische Fischarten wie Hering und Makrele - sowie den 1. Januar 2015 als Beginn eines schrittweisen, bis zum 1. Januar 2018 vollständig geltenden Verbots bei den Fischereien auf Weißfisch - darunter Kabeljau, Schellfisch, Scholle und Seezunge. Großbritanniens Fischereiminister Richard Benyon begrüßte den Beschluss als "wichtigen Schritt", um diese "verschwenderische Praxis so schnell wie möglich" zu beenden, zeigte sich jedoch enttäuscht darüber, dass keine definitiven Verbotsdaten festgelegt wurden.
Ein Blick auf die Mengen, die jedes Jahr gemäß EU-Vorschriften zurückgeworfen werden müssen, weil die Fische zu klein sind oder eine Quote schon ausgefischt ist, zeigt die Dringlichkeit des Problems. Europaweit wird die Discard-Menge auf etwa 1,3 Mio. Tonnen Fisch geschätzt - rund 13 Prozent der Gesamtfangmenge. Dabei variieren die Mengen nach Fischart und Fanggebiet. In der irischen Weißfisch-Fischerei beispielsweise liegt der Anteil der Rückwürfe durchschnittlich bei 38 Prozent, wobei beim Schellfisch 2010 in der Irischen See im Schnitt 30 Prozent rückgeworfen wurden, bei derselben Fischart in der Keltischen See waren es sogar 56 Prozent oder 12.400 Tonnen, bei der Kabeljau-Fischerei im irischen Nordwesten hingegen wurden nicht einmal ein Prozent "discarded".
Eine Entscheidung ohne zeitliche Konkretisierung haben die EU-Fischereiminister auch bei der Festlegung mehrjähriger Höchstfangmengen getroffen. Mehrjährige Bewirtschaftungspläne sollen zwar eingeführt werden, jedoch erst, wenn verlässliche Daten über die Fischbestände vorliegen. Auch hinsichtlich einer Orientierung am "höchstmöglichen Dauerertrag" (MSY = Maximum Sustainable Yield), den die EU-Kommission bis zum Jahre 2015 als Maßstab etablieren wollte, haben die Minister eine schwächere Entscheidung getroffen, die ihnen zudem noch fast ein Jahrzehnt Aufschub gewährt. Spätestens ab dem Jahr 2020 sollen die langfristigen Bewirtschaftungspläne gelten und dabei - so die Formulierung - "soweit möglich" den MSY berücksichtigen. Umweltschützer sind mit dem Ergebnis höchst unzufrieden. WWF-Meeresexpertin Karoline Schacht kommentiert: "Statt sich an die selbst gestellten Hausaufgaben zu machen, schneiden die Minister Hintertürchen in die Reform. So konservieren sie die Überfischung bis ins nächste Jahrzehnt." Thilo Maack, Greenpeace-Meeresbiologe, ist noch drastischer: "Bundesministerin Ilse Aigner und ihre EU-Kollegen haben versagt."
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