20.06.2023

Dänemark: Urker Fischer an Kokain-Schmuggel beteiligt

Mindestens sechs Fischtrawler aus dem holländischen Fischereihafen Urk sind in Kokain-Schmuggel in Dänemark verwickelt. Das behauptet der dänische Fernsehsender TV2 nach zweijährigen Recherchen zu diesem Drogenhandel, melden mehrere Zeitungen in beiden beteiligten Ländern. Nach Angaben des Senders sind die Drahtzieher südamerikanische Drogenkartelle mit Verbindungen zu Drogenkriminellen in Amsterdam. Dabei wird Kokain von Containerschiffen aus Südamerika mit GPS-Sendern versehen in die Nordsee geworfen. Fischer aus Urk nehmen die Pakete auf und bringen sie in dänische Fischereihäfen, von wo die Drogen über die Straße in die Niederlande transportiert werden. Dort werden sie für den Weiterverkauf in Europa portioniert. Diese Erkenntnisse gewannen die Fernsehjournalisten durch die Analyse von Schiffsrouten, Gespräche mit Beteiligten in den Häfen Westjütlands sowie einem Interview mit einem holländischen Fischer, der jedoch anonym bleiben wollte. Ursprünglich sei der Schmuggel über die Niederlande gelaufen, doch die Kontrollen in dänischen Gewässern seien weniger streng. Neu sei auch nicht der Schmuggel an sich, sondern dessen Verlagerung nach Dänemark.

Angriffsstelle für die Kriminellen seien finanzielle Probleme, die viele Eigner von Fangschiffen hätten, hatte bereits 2021 die Kriminologin Shanna Mehlbaum erklärt, Hauptautorin eines niederländischen Polizeiberichts und heute selbstständig mit Mehlbaum Onderzoek. Für ihre Untersuchung habe man mit 40 Trawler-Eignern in Ijmuiden, Urk und Den Oever über deren Erfahrungen gesprochen – ohne anzugeben, wieviele bereits von Drogenbanden kontaktet worden seien. "Beim ersten Mal kannst Du 'nein' sagen – und das passiert auch", erklärt Mehlbaum, "aber wenn Du einmal dabei bist, bist Du drin. Wenn Du Dich das nächste Mal weigerst, kannst Du erpresst oder mit Gewalt bedroht werden." Der interviewte, ehemals selbst am Schmuggel beteiligte holländische Fischer meinte: "Wenn Du 100.000 Euro bekommen kannst, wenn Du 'ihnen ein bisschen hilfst', sagst Du 'ja'. Was würden Sie sagen, wenn sie derart viel Geld sähen?" Es finge mit "kleineren" Mengen von rund 50 kg Kokain an und würde sich schnell auf mehr als 100.000 kg steigern, sagt er. Und wenn man einmal drin sei, gäbe es kein Entkommen mehr: "Sie würden Dich für den Rest Deines Lebens jagen."

Bereits vor fünf Jahren – 2018 – war die fünfköpfige Mannschaft eines Fangschiffs aus dem streng protestantischen Urk für ihre Beteiligung an einer Kokainschmuggelaktion zu Haftstrafen von bis zu sechs Jahren verurteilt worden. 2020 trat in Urk ein Stadtrat zurück, nachdem sein Sohn wegen Drogenschmuggels verhaftet worden war – und sich herausstellte, dass auch der Politiker für das Transportunternehmen seines Sohnes arbeitete. Urks Bürgermeister Cees van den Bos wollte die neuen dänischen Erkenntnisse nicht kommentieren, äußerte sich jedoch gegenüber dem örtlichen Radiosender Omroep Flevoland dahingehend, dass er "nicht gleich" schockiert gewesen sei: "Als Stadtrat sind wir schon vor einiger Zeit darauf aufmerksam gemacht worden. Es passiert, und wir werden nicht so tun, als ob es nicht so wäre."
Dänemark: Urker Fischer an Kokain-Schmuggel beteiligt
Foto/Grafik: Björn Marnau/FischMagazin
Mindestens sechs Fischtrawler aus dem holländischen Fischereihafen Urk sollen in Kokain-Schmuggel in Dänemark verwickelt sein.
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