08.09.2021
Dänemark: Fischerei ohne Anti-Kollisionssystem AIS im Fokus
Niederländische Baumkurrentrawler praktizieren vor der dänischen Westküste eine zweifelhafte Fischerei: offenbar schalten die meisten der dort operierenden Fangschiffe ihr Anti-Kollisionssystem AIS quasi ab, meldet Dänemarks größter Fernsehsender TV 2. Der Sender hatte in Zusammenarbeit mit dem Forschungskollektiv NOIR und der überregionalen niederländischen Abendzeitung NRC Handelsblad Trawler aus den Niederlanden beobachtet. Die "durchgeführte Zählung zeigt, dass 30 von 31 niederländischen Trawlern, die im vergangenen Jahr in Dänemark gefischt haben, mehrmals als so genannte 'Geisterschiffe' gefahren sind", schreibt TV 2 auf seinem Internetportal. Fischer wie Per Jensen aus Hirtshals oder René Olsen, der von Hanstholm aus fischt, teilten mit, dass es "nicht selten" vorkomme, "dass plötzlich – vor allem nachts – so ein großer Dampfer aus heiterem Himmel auftaucht" – ohne dass das fremde Schiffe auf den eigenen Instrumenten zu sehen sei. Alle Schiffe mit einer Länge von mehr als 15 Metern müssen mit einem Automatic Identification System (AIS) ausgestattet sein. Das AIS darf nur im Falle von Bedrohung etwa durch Piraten abgeschaltet werden.
"Man sieht nur einen Bruchteil von ihnen, weil sie das AIS immer ausgeschaltet haben", behauptet Per Jensen. Nach Angaben der dänischen Fischereibehörde gebe es derzeit etwa 15 Baumkurrentrawler unter niederländischer Flagge in dänischen Gewässern, aber in manchen Jahren könnten es mehr als 50 sein. Wenn der angebliche Fischfang dieser Trawler innerhalb der 12-Meilen-Zone des Landes nicht gestoppt werde, könne dies schwerwiegende Folgen für die dänischen Küstenfischer haben, warnt Thomas Højrup, Vorsitzender der Küstenfischervereinigung von Thorupstrand 45 km östlich von Hanstholm. Ihm zufolge fingen die Fischer aus dem Hafen seit 2017 nur noch ein Drittel der Schollenmenge, die sie früher gefischt hätten. Die dänische Fischereibehörde betont, dass das Fehlen des AIS-Signals auch auf einen schlichten Ausfall des Senders oder auf atmosphärische Störungen zurückzuführen sein könne. Die Behörde zweifele jedoch nicht, "dass Schiffe in einigen Fällen ihr AIS ausschalten, um illegalen Fischfang zu verschleiern".
Die Reaktionen der von TV 2 befragten niederländischen Fischer fallen unterschiedlich aus. Der Kapitän der 'Marie José', Klaas Kramer, deren Signal neun Tage lang ausgeschaltet gewesen sei, bestritt im Hafen von Thyborøn, sein AIS ausgeschaltet zu haben. Ein Besatzungsmitglied der 'Jolissa' erklärte auf Nachfrage, dass "alle niederländischen Baumkurrentrawler das AIS-Signal" ausschalten würden. Doch die Kapitäne von 'Jolissa' und 'Marie José' gehen davon aus, dass sie nicht gegen das Gesetz verstoßen. Ihr Trick: sie schalten das AIS auf die niedrigste Stufe, so dass es noch in Betrieb ist. Obwohl ausgeschaltete AIS-Signale immer wieder in Verfahren etwa wegen falscher Fangmeldungen angesprochen werden, sei nach Angaben der dänischen Fischereibehörde bislang noch kein Bußgeld für das Ausschalten als isoliertem Vergehen verhängt worden. Uffe Sveistrup, leitender Berater der dänischen Fischereibehörde Fiskeristyrelsen, teilte allerdings mit, dass Zweifel, wie die entsprechenden komplizierten Vorschriften auszulegen sind, inzwischen geklärt seien: "Wir werden nun prüfen, wie wir Sanktionen verhängen können." Wird ein Schiff auf frischer Tat ertappt, belaufe sich das Bußgeld auf etwa 10.000 DKK, fast 1.350,- Euro.
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