04.12.2024

WWF widerspricht MSC-Zertifizierung einer Industrie-Fischerei

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Der WWF hat formal Einspruch gegen die angekündigte MSC-Zertifizierung einer industriellen Fischmehlfischerei in der Nordsee eingereicht, teilt die Umweltorganisation heute mit. Aus Sicht der Umweltschützer offenbarten sich in diesem Fall strukturelle Mängel und eine Fehlinterpretation des Nachhaltigkeitsstandards, die sich negativ auf die Biodiversität der Nordsee auswirken können. Die dänisch-schwedische Fischerei auf Sandaal, Sprotte und Stintdorsch war schon einmal unter Verbesserungsauflagen nach dem Standard des Marine Stewardship Councils (MSC) zertifiziert worden. Obwohl die Zertifizierung nach fünf Jahren auslief, ohne dass die Auflagen, die eine Überfischung verhindern sollen, erfüllt wurden, soll diese Fischerei nach zweijähriger Pause mit denselben Auflagen wieder für fünf Jahre in das MSC-Programm aufgenommen werden.

"Dieses absurde Schauspiel enthüllt große Schlupflöcher im MSC-Standard", meint Dr. Philipp Kanstinger, Fischereiexperte des WWF Deutschland, denn: "Erstens ist der betroffene Sprottenbestand in der Zwischenzeit kollabiert. Zweitens dürfte sich die Fischerei mit dem MSC-Siegel schmücken, obwohl sie ihre Hausaufgaben in den letzten sieben Jahren nicht gemacht hat. Drittens fischen diese industriellen Trawler in Meeresschutzgebieten. Diese Kombination hat kein Nachhaltigkeitszertifikat verdient." Es sei ein Armutszeugnis, dass es im MSC-Standard keine Rolle spiele, ob eine Fischerei in Meeresschutzgebieten operiere, wo besonders hohe Ansprüche an Umweltverträglichkeit gelten müssten. Dieser Widerspruch beschädige die Glaubwürdigkeit des Siegels.

Weil der Standard des Marine Stewardship Councils zudem nicht korrekt angewendet worden sei, gelte auch der theoretisch verankerte Schutz ökologisch wertvoller Schwarmfische dieser angestrebten Zertifizierung wenig. Es werde in der Nordsee so viel gefischt, dass nicht genug Sandaale und Sprotten für das Ökosystem übrigblieben. Als Nahrung für größere Raubfische wie Kabeljau, aber auch für Schweinswale, Robben und Seevögel seien die kleinen Schwarmfische unersetzlich. Würden Sandaal und Sprotte stark befischt, wirke sich das negativ auf die marine Artenvielfalt der Nordsee aus. "Die Flotte entnimmt dem Ökosystem der Nordsee 200.000 Tonnen Fisch, mit dem dann auch der Zuchtlachs gefüttert wird, der im Supermarkt verkauft wird. So bekommen auch deutscher Verbraucher:innen die Folgen dieser Fischerei auf den Teller", meint Kanstinger. Entsprechend fordert der WWF den MSC auf, den Schutz der kleinen, ökologisch wichtigen Fischarten in der Praxis sicherzustellen statt nur auf dem Papier. Zudem müsse der MSC den Schutz von Meeresschutzgebieten im Standard verankern. Die fragliche Fischerei müsse außerdem zuerst ihre Hausaufgaben machen und die vor sieben Jahren erlassenen Auflagen erfüllen, wenn sie das Zertifikat tragen wolle.
WWF widerspricht MSC-Zertifizierung einer Industrie-Fischerei
Foto/Grafik: Erik Christensen/Wikicommons
Eine zu starke Befischung kleiner Schwarmfische wie Sandaal und Sprotte gefährdet die marine Artenvielfalt in der Nordsee. Foto: ein Papageitaucher einer Brutkolonie auf der Färöer-Insel Mykines mit Sandaalen im Schnabel.
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