08.04.2022
Hamburg: FIZ warnt vor Fischratgeber der Verbraucherzentrale
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Das Fisch-Informationszentrum (FIZ) rät Verbraucherinnen und Verbrauchern dringend ab, sich beim Fischeinkauf zu Ostern am Fischratgeber der Verbraucherzentrale Hamburg (VBZ) zu orientieren. "Die Kaufempfehlungen der Verbraucherschützer scheitern an wissenschaftlichen Maßstäben und ihren eigenen Bewertungskriterien", heißt es in einer Pressemitteilung. Die Tage vor Ostern zählen bekanntlich neben Weihnachten zu den Absatzhöhepunkten in Deutschland. Im vergangenen Jahr wurde besonders viel Fisch eingekauft: Der Ostereinkauf führte zu einem um 25 % höheren Absatz als der Jahresdurchschnitt der Einkäufe. Der Fischratgeber der VBZ, für alle frei im Netz zugänglich, enthalte für einige Wildfischbestände irreführende Informationen. Für die Bewertung hat die VBZ nicht glaubwürdige wissenschaftliche Daten herangezogen und bewertet, sondern einen Mittelwert der Bewertungen verschiedener Organisationen gebildet, darunter der WWF, das Monterey Bay Aquarium und die Marine Conservation Society. "Da die zugrunde liegenden Fischführer zum Teil nicht aktuell sind, kommt es zu Ergebnissen, die der wissenschaftlichen Beurteilung widersprechen", schreibt das FIZ.
So bewertet die VBZ den Nordseehering, laut aktueller Bestandsberechnung des Internationalen Rates für Meeresforschung in gutem Zustand, als "bedingt empfehlenswert". "Andere Empfehlungen lassen sich gar nicht erklären, wie der für die Makrele im Nordostatlantik, die als 'absolut nicht zu empfehlender Wildfang' bewertet wird", bemängelt das Informationszentrum. Denn dieser Bestand werde in den zugrunde liegenden Fischführern zumeist gut bewertet – "zu Recht, denn die Wissenschaft beurteilt ihn als ausreichend groß und nachhaltig." Auf Nachfrage gebe die VBZ an, dass das MSC-Siegel der Makrelenfischereien ja suspendiert wurde, was eine Abwertung rechtfertigen würde. "Eine solche Abwertung ist im Beurteilungsschema aber gar nicht vorgesehen, und sie stellt Fischereien, die nachhaltigkeitszertifiziert waren, schlechter als solche, die sich nie um dieses Siegel bemüht haben", kritisiert das FIZ die VBZ-Argumentation. Tatsächlich wurde das Siegel suspendiert, weil sich die Fischereinationen nicht auf eine gemeinsame Bewirtschaftung einigen konnten, nicht wegen des Bestandszustandes.
Auch atlantoskandischer Hering wird von der VBZ als "nicht empfehlenswert" eingestuft. "Und damit genauso wie Heringsbestände, die von der Wissenschaft als so klein beurteilt werden, dass sie eine Null-Fang-Empfehlung abgeben musste". Dagegen sei der atlantoskandische Hering nach wissenschaftlicher Einschätzung im grünen Bereich, lediglich der Fischereidruck sei zu hoch. Der WWF-Fischführer bewertet den Bestand grün, die anderen Umweltverbände gar nicht. Das Fazit des Fisch-Informationszentrums: "Interessierte Verbraucherinnen und Verbraucher sollten sich für vertrauenswürdige Informationen an die Expertise ihrer Fischhändler halten oder unabhängige Quellen wie z. B. www.fischbestaende-online.de und www.aquakulturinfo.de nutzen." Verantwortlich für das erstgenannte Portal ist das Institut für Ostseefischerei des Thünen-Instituts, für das andere das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB).
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