26.10.2010
Südpolarmeer: Fischerei auf Bändereisfisch erhält MSC-Zertifikat
Die Fischerei auf den Bändereisfisch (Champsocephalus gunnari) im britischen Überseegebiet Südgeorgien ist vom Marine Stewardship Council (MSC) als nachhaltig und gut gemanaged zertifiziert worden. Der Zertizierungsprozess für den Vertreter einer äußerst ungewöhnlichen Fischfamilie hat lange gedauert: er begann vor sechs Jahren und das eigentliche Bewertungsverfahren erstreckte sich jetzt über 21 Monate. Die ersten lebenden Eisfische waren erst 1953 im Südpolarmeer gefangen worden. Sie sind „Kaltwasserfische“ im wahrsten Sinne des Wortes: die dortigen Wassertemperaturen liegen zwischen -2 und 4 Grad Celsius. Das Blut der Eisfische ist durchsichtig, weil es nahezu keine roten Blutkörperchen und Hämoglobin enthält. Eigentlich können Wirbeltiere ohne die roten Blutkörperchen nicht überleben. Doch den Eisfischen gelingt dies aufgrund mehrerer physiologischer Besonderheiten: sie haben eine größere Pumpleistung des Herzens und eine stärkere Hautatmung, schreibt der Fischereibiologe und Antarktisexperte Dr. Karl-Hermann Kock von der Bundesforschungsanstalt für Fischerei in Hamburg.
Eisfische konnten sich so gut an die Lebensverhältnisse in den kalten arktischen Gewässern anpassen, dass sie in relativ großen Beständen auftraten. Da sie sich gut als Speisefische eignen, befischten vor allem Trawler aus der Sowjetunion und anderen Ostblockstaaten die Fische und holten in manchen Jahren über 100.000 t aus dem antarktischen Meer. Ab Mitte der 70er Jahre lagen Eisfische regelmäßig in den Fischläden der DDR und wurden auch in der polnischen Küche gerne zubereitet. Die Bestände hielten dem fischereilichen Druck nicht lange stand, so dass Greenpeace heute davon spricht, dass die Bestände „kommerziell ausgerottet“ seien. Kock schrieb allerdings vor vier Jahren, dass die Population um Südgeorgien nicht überfischt sei. Das Management der Ressource obliegt seit 1982 dem „Übereinkommen zum Schutze der lebenden Meeresschätze der Antarktis“ (CCAMLR).
Im aktuell abgeschlossenen Bewertungsverfahren ist festgestellt worden, dass die Fischerei der Seaview Ltd., Zertifizierungskunde des MSC, eine besonders hohe Punktzahl angesichts der zu vernachlässigenden Beeinträchtigung des Ökosystems erhalten habe. So kommen die eingesetzten pelagischen Schleppnetze nicht mit dem Meeresboden in Kontakt, außerdem seien umfassende Maßnahmen getroffen worden, um den Beifang an Seevögeln auf nahe Null zu reduzieren. Die Zertifizierung beinhalte auch das Bekenntnis der Fischerei zu weiterer wissenschaftlicher Forschung in den kommenden vier Jahren. Alex Reid, Inhaber von Seaview, erklärte unter anderem: „Bändereisfisch aus South Georgia ist ein sehr spezielles und geschütztes Erzeugnis. Die Fischerei erfolgt in einer der am sorgfältigsten betreuten und umweltbewusstesten Regionen der Erde - einem der letzten Paradiese für seltene Vögel und in einer unberührten Natur.“ Toby Middleton, MSC-Regionaldirektor für Großbritannien, hofft, dass die MSC-Zertifizierung dazu beitragen werde, „diesen ungewöhnlichen Fisch europäischen Gaumen“ zuzuführen.
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