Küsten-Räucherei Albrecht – Albrecht, Aden und Rüther GmbH - Bestes Fischkonzept am Touristenort 2016
Küsten-Räucherei Albrecht, Carolinensiel
Exzellentes Fachgeschäft mit ausgeprägtem Gastronomieanteil
Fischgeschäfte an der Küste gehorchen anderen Regeln als solche im Binnenland. Die Küsten-Räucherei Albrecht in Carolinensiel ist ein Paradebeispiel dafür. In der Urlaubssaison ist das Geschäft täglich geöffnet und wird in der Regel von deutlich mehr als 1000 Kunden aufgesucht. Außerhalb der Saison dagegen bleibt es geschlossen. Der Umsatz basiert zu 95 % auf dem Tourismus.
Wenn die Menschen im Urlaub ans Meer fahren, essen sie deutlich mehr Fisch. Vermutlich, weil er für die Touristen dort vermeintlich frischer ist und leckere Fischgerichte einfach zum Urlaubsgefühl dazu gehören. Es geht in Touristenorten weniger um die Grundversorgung oder den Wochenendeinkauf, sondern um ein stimmiges gastronomisches Angebot, den Direktverzehr vor, während oder nach dem Strandbesuch. Doch wenn die Urlauber Frischfisch kaufen, dann in der Regel in großen Mengen, um ihn gut verpackt und gekühlt als Geschenk oder für den Eigenbedarf mit nach Hause zu nehmen.
Gearbeitet wird mit einem Nummernsystem, damit die Kunden ihren Platz in der Warteschlange nicht verteidigen müssen, sondern sich frei an der 23 Meter langen Theke bewegen können.
Zu beobachten ist dieses Stoßgeschäft auch in der Küsten-Räucherei Albrecht in Carolinensiel an der niedersächsischen Nordseeküste. „An Abreisetagen stehen bei uns regelmäßig schon um neun Uhr mehr als 200 Kunden im Laden, um vorbestellte oder spontane Einkäufe mitzunehmen“, schildert Mitgeschäftsführer Timo Rüther die Herausforderung, der man mit mehr als einem Dutzend Bedienkräften begegnet. Gearbeitet wird dann mit einem Nummernsystem, damit die Kunden ihren Platz in der Warteschlange nicht verteidigen müssen, sondern sich frei an der 23 Meter langen Theke bewegen und von der üppigen Auswahl inspirieren lassen können. Und zu entdecken gibt es einiges, nicht nur im Räucherfischsegment.
Jedes Filet geht über den Leuchttisch
Auf den Frischfisch entfällt bei unserem Besuch vor der Saison ein Drittel der Auslage, wobei, so betont man, jedes Filet über den Leuchttisch geht, bevor es in die Theke kommt. 24 Arten liegen bereit – von Konsumfischen wie Kabeljau, Seelachs, Rotbarsch und Lachs über Steinbeißer, Zander und Weißer Heilbutt bis zu Hochpreisigem wie Jacobsmuscheln, Seezunge, Thunfischfilet oder Black Cod (Kohlenfisch) reicht die Auswahl. In der Saison kommen auch bunte Exotenfische dazu. Dabei achtet Timo Rüther genau auf die Preiskalkulation, denn „ab 30 Euro pro Kilogramm wird es an unserem Standort schwierig“, weiß er aus Erfahrung. Eine Fischart, die sich nach seiner Darstellung gut entwickelt, ist der Kingklip (Genyterus spp.). „Grätenfrei, kein starker Eigengeschmack, kindgerecht, preiswert – eine tolle Alternative zum Pangasius“, so die Einschätzung von Rüther. Früher wurden bei Albrecht jährlich bis zu vier Tonnen Pangasius gehandelt, heute ist der vietnamesische Zuchtfisch komplett aus dem Sortiment verschwunden.
Knurrhahn und Seesaibling aus dem Rauch
Neben Frischfisch spielt in der Küsten-Räucherei naturgemäß der selbst hergestellte Räucherfisch eine wichtige Rolle. Bis auf Räucherlachs und Aal werden in zwei Fessmann-Öfen alle gängigen Fischarten veredelt – von Makrele, Hering und Lachslocken bis zu Forelle, Heilbutt und Lachsforelle. Darüber hinaus gibt es auch Räucherprodukte, die eher selten zu finden sind. Knurrhahn zum Beispiel oder Seesaibling, Rotbarsch, Scholle oder Garnelen in der Schale. Insgesamt sind es bei unserem Besuch mehr als zwei Dutzend verschiedene Produkte. „Wir wollen beim Räucherfisch eine hohe Qualität und nehmen beim Trocknen und Räuchern Gewichtsverlust in Kauf, weil man dadurch ein geschmacklich besseres Produkt mit längerer Haltbarkeit bekommt“, beschreibt Timo Rüther das Credo der Räucherei.
Die Räucherei veredelt auch Fische, die sonst eher selten im Räuchersortiment zu finden sind. Wie hier zum Beispiel der Seesaibling.
Granat in der Region gefangen und gepult
Abgerundet wird das Sortiment durch Feinkost (Eigenproduktion und Zukauf von Feinkost Siegel aus Bremerhaven), Marinaden und Bratmarinaden (Eigenproduktion), diverse Matjesprodukte (Zukauf unter anderem von Fokken & Müller aus Emden) sowie Nordseegarnelen, die an der Küste Granat heißen und in großen Schüsseln mit und ohne Schale angeboten werden. Zu diesem Produkt hat Rüther, der das Familienunternehmen in 3. Generation leitet, ein besonderes Verhältnis. Sein Großvater war Krabbenfischer und hat die Küsten-Räucherei gegründet. Aus einem kleinen Laden mit zwei Metern Theke hat sich bis heute ein natürlich gewachsenes Gebäudeensemble entwickelt, das sich nach mehreren Um- und Anbauten auf mittlerweile 2.000 Quadratmetern präsentiert und an den Grenzen des Grundstücks angelangt ist. Das Krabbenfleisch kommt heute von Kokken & Ehlerding. „In der Region gefangen, in der Region gepult, keine weiten Wege – das ist eine schmeckbar andere Qualität und die Kunden sind mit einer entsprechenden Erklärung auch bereit, für solche Ware ein anderes Preisniveau zu bezahlen“, weiß Rüther. Wen die Story nicht überzeugt, der bekommt eine Probe geschenkt. Verbunden mit der Aufforderung, sie parallel mit Krabbenfleisch aus dem Supermarkt zu vergleichen. „Danach ist die Diskussion in der Regel beendet“, berichtet Rüther.
Bis zu 2000 Fischbrötchen an Spitzentagen
Die Küsten-Räucherei Albrecht ist ein exzellent sortiertes Fachgeschäft mit hohem Anteil eigener Produktion und einem ausgeprägten Gastronomieanteil. „Wir bieten gute Portionen zu familienfreundlichen Preisen“, lautet das Konzept. Angeboten wird ein gutes Dutzend Gerichte bestehend jeweils aus einer Fischkomponente mit Beilage und Dekoration. Die Speisekarte ist bewusst reduziert gehalten, weil die Gäste bei einer großen Auswahl lange brauchen um sich zu entscheiden. 500 bis 600 Teller werden an normalen Tagen rausgegeben, an Spitzentagen wie Karfreitag auch schon mal 1.300. Dabei kommt ein Pager-System zum Einsatz, das die Gäste informiert, wann sie ihre Bestellung abholen können. Vegetarische Essensvarianten sind dabei ebenso selbstverständlich wie ein veganer Burger. Fleischgerichte dagegen gibt es keine.
Zusätzlich zu den Tellergerichten werden Backfisch und Fischbrötchen angeboten. Für den Backfisch (etwa 500 Portionen täglich) wird ausschließlich frisches Seehechtfilet im Backteig nach eigener Rezeptur eingesetzt, „Industrieware hat bei uns keine Chance“. Von den Fischbrötchen werden 15 Varianten ständig frisch produziert, denn die Nachfrage ist groß. An normalen Tagen werden etwa 1.000 Stück verkauft, an Spitzentagen auch das Doppelte. Der Backofen für die Brötchen läuft im Dauerbetrieb. Die Küche der Räucherei ist je nach Saison und Tageszeit mit sechs bis zehn Mitarbeitern besetzt.
Geöffnet von Ostern bis November
30 Mitarbeiter beschäftigt die Räucherei während der Saison, die in Carolinensiel von kurz vor Ostern bis zum November geht. In dieser Zeit ist der Laden täglich von 9 bis 20 Uhr geöffnet und die Arbeitszeitkonten der Mitarbeiter füllen sich. Von November bis Ende Februar ist Urlaubszeit und Gelegenheit die Überstunden abzubummeln. Wer nicht genug Stunden gesammelt hat, meldet sich mit einer Wiedereinstellungszusage vorübergehend arbeitslos, bis die Saison im März wieder beginnt. „Wir haben eine feste Belegschaft, die bei diesem Arbeitszeitmodell mitzieht“, freut sich der Geschäftsführer.
Zwei bis drei Tonnen Frischfisch kauft die Räucherei wöchentlich mit dem eigenen LKW bei verschiedenen Lieferanten in Bremerhaven ein. Dazu kommen Bestellungen aus Holland und Dänemark, die zum Fisch-Umschlagszentrum geliefert und dort jeweils dienstags und freitags aufgenommen werden. Auf mehr als 130 Tonnen Fisch und Seafood belaufen sich die Einkäufe jährlich, wobei für die Räucherware auch Frostfisch eingesetzt wird. Dazu kommen nochmal etwa 60 Tonnen Kartoffelprodukte.
Ansehnliche Mengen für ein einzelnes Ladengeschäft. Wo immer möglich setzt Geschäftsführer Rüther auf nachhaltige, biologische oder fair gehandelte Produkte. Das bezieht sich nicht allein auf die Fischrohware, sondern auch auf andere Produkte in der Gastronomie, etwa Orangensaft, Tee oder Kaffee.
500 bis 600 Essen werden an normalen Tagen verkauft, an Spitzentagen wie Karfreitag auch schon mal 1.300.
Online-Versand für sehnsüchtige Urlauber
Der Umsatz der Küsten-Räucherei Albrecht wird mit drei Millionen Euro angegeben. 95 Prozent davon entfallen auf das Touristengeschäft, „aber auch da gibt es Stammkunden“, weiß Rüther. So gebe es Urlauber, die ihren Urlaub danach buchen, wann das jährliche Matjesfest stattfindet, weil sie daran teilnehmen möchten. Und immer stärkere Bedeutung bekommt auch das Versandgeschäft. Mehr als 1.000 Bestellungen treffen mittlerweile jährlich aus dem Binnenland ein, mit denen sich Fischfans ein Stück Urlaubsgefühl nach Hause schicken lassen.
Bestes Fischkonzept am Touristenort des Jahres 2016