Soester Fischhaus, Soest - Bester Newcomer Gründerpreis 2014
Soester Fischhaus, Soest
Culinarion kombiniert Fischtheke mit Restaurant und Küchenshop
Seit März 2013 werden im westfälischen Soest neue Wege im Fischhandel erprobt. Das Konzept „Culinarion“ des Soester Fischhauses ist ebenso ungewöhnlich wie originell. Es kombiniert die Fischtheke mit einem Restaurant und einem Einzelhandel für Gewürze und Wein sowie Koch- und Küchenutensilien. Damit bietet das Soester Fischhaus den Kunden sozusagen ein Komplettpaket für die gekonnte Zubereitung und den Genuss von Fisch.
Wöchentlich besuchen ungefähr 700 bis 800 Kunden das Fischhaus, das mit seinen frischen Produkten inzwischen über die Region hinaus bekannt ist.
Im Soester Fischhaus erhält man wahrlich alles, was notwendig ist, um aus einem Fisch ein leckeres Gericht zu zaubern und auf den Tisch zu bringen. Pfannen und Töpfe, geeignete Messer und Kochutensilien, die nötigen Gewürze, stimmige Teller, passende Weine und selbstverständlich auch den gewünschten Fisch. Wer sich das Kochen nicht selbst zutraut oder nach einer Rezeptidee sucht, kann im Restaurant aber auch ein delikates Fischgericht speisen und dem Koch in der offenen Küche bei der Zubereitung über die Schulter schauen. Das „Culinarion“, wie dieses interessante Handelskonzept der Bielefelder EK/Servicegroup heißt, ist ein neuer und attraktiver Farbtupfer auf der Palette des Fischhandels. In Frankreich soll es derartige Geschäfte bereits an über 30 Standorten geben, jetzt wurde das Konzept in Soest aufgegriffen und im Fischhaus umgesetzt.
Betreiber des Soester Fischhauses sind Marcus und Karsten Nüsken, die mit ihren Familien mehrere Rewe-Märkte in der Region betreiben. Für seinen Vater, erzählt Marcus Nüsken, sei Fischhandel noch ein „rotes Tuch“ gewesen, weil dieser in den 1980er Jahren mit der Fischtheke in einem Supermarkt einen der wenigen Misserfolge in seiner langen Handelskarriere erlebt hatte. Die Theke kam nie richtig aus den „roten Zahlen“ und wurde irgendwann wieder aufgegeben. Trotz dieser unangenehmen Erfahrung in der Familie verlor Marcus Nüsken das Thema Fisch jedoch nie ganz aus dem Blick. Der Gedanke, mit einem so hochwertigen Lebensmittel zu handeln, habe ihn schon seit langem gereizt. Fischhandel ist eine Herausforderung, aber auch eine verlockende Chance. Vor gut zwei Jahren war es schließlich so weit. In einem Einkaufsgebiet am Stadtrand von Soest unweit der B1, der verkehrsreichsten Straße im Kreis, wurde ein geeignetes Objekt frei. Zur gleichen Zeit bewarb sich ein couragiert wirkender Koch, der bereits sehr viel Erfahrung im Fischhandel mitbrachte, was Marcus Nüsken in seinem Entschluss bestärkte. Denn wer wüsste besser als er, wie stark der Erfolg im Handel vom Wissen und Engagement des Verkaufspersonals abhängt.
Mittlerweile hat sich vollauf bestätigt, dass der damalige Bewerber Sebastian Meinberg für ein Projekt wie das Fischhaus genau der Richtige ist. Der gelernte Koch kennt sich bestens mit Fisch aus, besitzt Führungskompetenz für sein Thekenteam und hat die Gabe, freundlich und offen auf Kunden zuzugehen. Die Komplexität des Handelskonzeptes im Culinarion stellt an das Personal hohe Anforderungen. Jeder müsse kommunikativ sein und fortwährend das Gespräch mit den Gästen suchen, bestätigt Sebastian Meinberg. Man sollte nicht nur mit Fisch, sondern auch mit den anderen Produkten im Sortiment vertraut sein, um die Kunden beraten und auf besondere Highlights aufmerksam machen zu können. Außerdem dürfe zur Mittagszeit, wo es meist turbulent zugeht, niemand die Geduld verlieren, wenn ihm die Gäste beim Kochen ständig auf die Finger schauen und immer wieder die gleichen Fragen stellen.
Restaurantbereich überzeugt mit frisch zubereiteten Gerichten
Die Entscheidung für das Investment sei ihm letztlich nicht schwer gefallen, meint Marcus Nüsken, weil sich fast alle kritischen Einwände entkräften ließen: „Das Fischhaus passte in die Landschaft unseres Handelsunternehmens, das Risiko ist beherrschbar. Zudem stand mit Culinarion auch ein hochinteressantes Konzept zur Verfügung, das wir nur noch an die Bedingungen vor Ort anpassen mussten.“ Einrichtung und Design des 220 Quadratmeter großen Fischhauses wurden gemeinsam mit dem Ladenbauer von Nüsken gestaltet. „Wir erinnern dabei an die Geschichte der Stadt Soest, die einst zur Hanse gehörte. Das in Backsteinoptik, Schwarz und Goldtönen gehaltene Interieur ist sozusagen eine Reminiszenz an jene Zeiten“, erklärt Marcus Nüsken. Viele kleine Details wie die Beschriftungen im Haus oder die kunstvoll um Säulen gewundenen Seile, die an Schiffstaue erinnern, unterstreichen das maritime Flair, ohne kitschig zu wirken. Die dimmbare Beleuchtung erfordert kaum mehr als 1.000 Watt, weil LEDs eingesetzt werden, die nicht nur stromsparend sind, sondern auch für die gewünschte Lichtstimmung sorgen.
Einige Produkte, zum Beispiel Spieße, marinierte Erzeugnisse oder Grillartikel werden im Haus selbst von Hand hergestellt.
Mühe und Sorgfalt haben sich gelohnt, das Fischhaus ist seit seiner Eröffnung im März 2013 ein großer Erfolg. In den ersten Tagen habe sie der Zuspruch regelrecht überrollt, freut sich Marcus Nüsken, der Geschäftsführer. Innerhalb einer Woche wurde ein Umsatz erzielt, den er eigentlich im gesamten Monat erwartet hatte. Schnell zeigte sich, dass manche Elemente der Einrichtung dem Ansturm nicht gewachsen waren. „Anfänglich haben wir noch versucht, die Mittagsgerichte auf einem haushaltsüblichen Cerankochfeld zuzubereiten“, erinnert sich Sebastian Meinberg mit Grausen. Es musste bereits nach wenigen Tagen gegen ein Profi-Kochfeld ausgetauscht werden. Jetzt, nachdem die Aufregung der Eröffnungswoche sich gelegt hat, bereiten er und Alexander Süberkrüb, der zweite Koch im Soester Fischhaus, jeden Tag durchschnittlich 80 bis 100 Fischgerichte in sieben bis acht Varianten zu. Das meiste davon zwischen 12.00 bis 14.30 Uhr, wenn das Hauptgeschäft läuft. Alles frisch und erst auf Bestellung der Kunden. Egal ob der Kunde nun das Rotbarschfilet mit Weißwein-Senfsauce, die gegrillte Forelle oder einfach nur Backfisch bestellt – sämtliche Gerichte im Fischhaus sind von ausgesucht hoher Qualität. „Wir wollen unsere Gäste nicht nur satt zu machen“, sagt Marcus Nüsken, „sondern ihnen ein besonderes Genusserlebnis bieten. Wer zufrieden geht, kommt bekanntlich gerne wieder.“
Mit Preisen um 10 Euro sind manche Mittagsgerichte nicht ganz billig. Der tägliche Andrang zur Mittagszeit beweist jedoch, dass viele Kunden solche Preise durchaus zahlen, wenn die Frische, die Qualität und die Portionsgrößen stimmen. Die hohen Qualitätsmaßstäbe gelten im Fischhaus natürlich auch für den beliebten „Dauerbrenner“ Backfisch, von dem monatlich rund 1.000 Portionen verkauft werden. Obwohl das „Knusprige Backfischbaguette“ nur 3,50 Euro kostet, verwenden Sebastian Meinberg und sein Thekenteam dafür beste Zutaten wie handfiletiertes Seelachsfilet, hochwertiges Frittierfett, hausgemachte Remoulade und einen Backteig, der nach eigener Rezeptur mit holländischem Backmehl hergestellt wird. Wir sind keine Kirmeshändler, erklärt Sebastian Meinberg, den Kunden muss es schmecken und die Portionen sind gut bemessen, niemand soll sich übervorteilt vorkommen. „Selbstverständlich verwenden wir auch für den Backfisch ausschließlich frische Zutaten. Die sicherste Garantie dafür ist wohl, dass wir im Betrieb gar keine Tiefkühltruhe haben“. Weil die Fischgerichte regen Zuspruch finden, reichte die Anzahl der Sitzplätze im Restaurantbereich bereits nach kurzer Zeit nicht mehr aus und wurde von anfänglich 12 auf 60 erweitert.
Thekenangebot reicht vom Konsumfisch bis zu speziellen Fischarten
Das zweite wichtige Standbein neben dem Restaurantbereich ist die gut sieben Meter lange, elegant geschwungene Fischtheke, die im Schnitt etwa 70 bis 75 Produkte bietet. Fast die Hälfte davon sind Frischfische, bei denen das Sortiment – je nach Saison – annähernd 30 Artikel vom traditionellen Konsumfisch und Süßwasserarten bis zu erlesenen Spezialitäten wie Seeteufel, Kabeljauloins oder Zander umfasst. Sebastian Meinberg und seine Kollegen können das Sortiment selbst auswählen und ordern, was die Kunden wünschen. Lachs gehe natürlich immer, meint Meinberg, aber auch ganze Fische mit Gräten, vor allem Wolfsbarsch, Dorade und Forelle. Gefragt sind nicht nur preiswerte, sondern auch die teureren Produkte wie Loins vom Yellowfin-Thun oder Schwertfischfilets. Erst kürzlich habe er in einer Woche 12 kg Schwertfisch verkauft, für diese Region sei das ein stolzes Ergebnis. Frischfisch wird täglich von der Deutschen See und Rullko Großeinkauf, einem Spezialisten für Großküchen und Gastronomie, angeliefert. Durch den Direktbezug verkürzt sich der Weg von der Auktion in die Theke um ein bis zwei Tage.
Einige der angebotenen Salate aus der umfangreichen Feinkostrange, etwa der Soester Matjes-Topf oder der Fischhaus-Heringssalat mit Bismarckhering in einer klaren Vinaigrette, sind „hausgemacht“, werden also von den Mitarbeitern nach eigenen Rezepturen hergestellt. Das gilt auch für die annähernd 30 Grillspezialitäten, mit denen das Fischhaus von Mai bis Juli, nur wenige Wochen nach der Eröffnung, zahlreiche zusätzliche Kunden anlockte. „Zu unserem Grillsortiment gehören sowohl unterschiedlich marinierte Lachsportionen als auch aufwändigere Spezialitäten wie die Grilldorade mit Tomate-Lauch oder das Steinbeißerfilet mit Dijonsenf im Räucherlachsmantel.“ Das Fischhaus ist sichtlich bemüht, immer wieder Neues zu bieten, die Kunden mit nicht alltäglichen Geschmackserlebnissen zu überraschen. Das gelingt dem Team mit hausgemachten Salaten und Grillspezialitäten ebenso gut wie mit selbst hergestellter Convenience oder saisonalen Aktionen von Matjes bis zu Muscheln. Um den Kunden die Scheu vor neuen, unbekannten Produkten zu nehmen, werden gelegentlich Verkostungen durchgeführt. Wer sich selbst dann die Zubereitung daheim noch nicht zutraut, kann die Serviceleistungen des Thekenpersonals in Anspruch nehmen. Auf Wunsch wird der Fisch nicht nur ausgenommen, geschuppt und gesäubert, sondern auch gewürzt, mariniert oder auf andere Weise küchenfertig vorbereitet. Zum Leistungsangebot gehören außerdem ein Party- und Plattenservice sowie die Ausstattung von Fischbuffets.
Aus den Resten, die beim Bearbeiten und Filetieren der Fische anfallen, stellt das Fischhaus einen hochkonzentrierten Fischfonds her, der als Grundlage für delikate Suppen und Saucen dient und von den Kunden ansteigend nachgefragt wird. Der Fonds sei kein Industrieprodukt, betont Meinberg, sondern handgemacht, er geliere sogar im Glas. Mit solchen Erzeugnissen, die heute kaum noch jemand in der eigenen Küche selbst herstellt, könne man viele Kunden überzeugen und enger an sich binden. Die Begeisterung für das gesunde Lebensmittel Fisch müsse möglichst früh, am besten im Kindesalter, geweckt werden. Wenn Zeit dafür bleibt, stellt er Kindern deshalb auch mal einen Schaufisch näher vor oder lässt sie eine Räuchergarnele kosten. „Wichtig ist es vor allem, mit den Kunden ins Gespräch zu kommen.“
Komplettpakete für die gekonnte Zubereitung von Fisch
Fisch und Fischgerichte bieten auch viele andere Fischfachgeschäfte, doch das Culinarion eröffnet darüber hinaus die Chance, komplette Pakete vom Fisch über die optimale Pfanne bis zum passenden Wein vorzustellen. Solche Aktionen stoßen auf wachsendes Interesse bei den Kunden, versichert Marktleiter Andreas Ringhoff. Man habe bereits mehrere Pakete zu Themen wie Sushi, Austern, Wok, Pizza oder Grillen vorgestellt. Manches sei sehr gut gelaufen und werde in Zukunft sicher noch ausgeweitet, anderes habe sich nicht bewährt. Da es kaum Erfahrung mit dieser neuen Präsentationsform im Fischhandel gäbe, müsse eben vieles erprobt werden, um herausfinden, was wirklich läuft und was man besser lassen sollte, ergänzt Marcus Nüsken. „Doch im Handel braucht man ohnehin Mut zur ständigen Veränderung, man muss immer wieder Neues bieten“. In der dunklen Jahreszeit wird das Fischhaus wohl als nächstes „Finnischen Flammlachs“, der neben offener Flamme durch Einwirkung von Hitze und Rauch gart, anbieten.
Im Einkaufsgebiet am Stadtrand von Soest sei das Fischhaus gut platziert, versichert Markus Nüsken, denn man profitiere von Synergieeffekten mit anderen Handelseinrichtungen. „Wer hier Brot, Obst und Gemüse einkauft oder den Friseur besucht, schaut gelegentlich auch mal bei uns im Fischhaus rein.“ Für den Restaurantbereich des Fischhauses hat die räumliche Nähe zum Rewe-Markt nebenan den Vorteil, dass die Küche jederzeit auf frische Zutaten zurückgreifen kann. „Falls mal Salat oder eine Paprika fehlt, dauert es nur Minuten, um den Vorrat wieder aufzufüllen.“ Die Bilanz der ersten Monate des Soester Fischhauses fällt für Nüsken deshalb eindeutig positiv aus. „Wir haben uns sehr schnell in der Region etabliert und konnten bereits viele Kunden für uns gewinnen“. Etwa 80 Prozent kommen aus Soest, der Rest aus der näheren Umgebung im Umkreis von 20 bis 25 Kilometern. Den Anteil der Stammkunden schätzt er auf rund ein Drittel. Und weil in Soest alles bestens läuft, sucht Marcus Nüsken in benachbarten Städten bereits nach einem geeigneten Objekt für das zweite Fischhaus.
mk
Bester Newcomer Gründerpreis des Jahres 2014