Famila Kiel-Wik - Bestes Werbekonzept am Point of Sale 2012
Famila-Nordost überzeugt mit einem vielfältigen Marketing-Mix
Werbung ist alles – alles ist Werbung
Der Werbung für die Fischtheke wird bei der Famila-Nordost besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Thilo Schmitz, zuständig für derzeit acht Theken, erwirtschaftet 30 Prozent des Umsatzes mit Produkten aus der Werbung. Eine halbe Million Flyer jährlich, Fisch-TV am PoS, Show-Aktionen und Fisch & Tipps-Kundenhefte helfen dabei, dass die Fischtheke in Kiel-Wik schwarze Zahlen schreibt.
In der Nacht von Sonntag auf Montag kann Thilo Schmitz oft nicht gut schlafen. „Morgens um 3:00 Uhr liege ich wach und habe die Texte für die Werbung fertig“, plaudert der Fischverantwortliche der Famila-Nordost aus dem Nähkästchen. Um 9:00 Uhr liegen die fertigen Entwürfe bei der zuständigen Kollegin. Alle 14 Tage entwirft der Fischbegeisterte, der schon im Alter von zehn Jahren selbstgeräucherte Forellen an die Verwandten verkaufte, die zweiseitig bedruckten Flyer. An allen acht Standorten, an denen die Famila ihre „Verwöhntresen“ für Fisch unterhält, werden die Blätter in die örtlichen Wochenblätter eingeschossen. Alleine aus technischen Gründen muss das Papier deshalb eine gewisse Stärke besitzen, die dem Blatt Exklusivität verleiht.
Jede Werbung unter einem Thema
Auch inhaltlich bietet Thilo Schmitz mehr als Produktabbildungen der beworbenen Artikel. „Die Dorschbestände der östlichen Ostsee entwickeln sich wieder prächtig. Laut neuen Studien ist der Dorschbestand so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Deshalb können wir Ihnen, liebe Famila-Fischkunden, den leckeren, gesunden und fettarmen (0,4% Fett) Fisch wieder guten Gewissens anbieten“, schrieb er im März 2011. Diese gute Nachricht hatte Schmitz ganz aktuell einem Vortrag des Fischereiforschers Dr. Christopher Zimmermann, gehalten im Rahmen der ‚University of Fish’, entnommen und kurzerhand als Aufhänger für die „Dorsch-Wochen“ der Famila genutzt. Dort gab es dann den Weißfisch-Klassiker küchenfertig, als Filet oder als Dorschfrikadelle. Ein Rezept-Tipp für ‚Dorschfilet in Cornflakeshülle’ rundete das ganzseitige Info-Paket ab. Die andere Seite des Flyers war fünf Aktionsartikeln aus fünf Produktkategorien vorbehalten – Frischfisch, Räucherfisch, Krusten- und Schalentiere, Salate und Marinaden.
Saisonalität, Regionalität oder Gesundheit
Diese thematische Untergliederung verfolgt der Famila-Verantwortliche regelmäßig. Mal wird eine Saison in den Fokus gestellt, mal die regionale Herkunft der Produkte, mal Nachhaltigkeit oder Gesundheit. Die guten Vorsätze zum Jahresbeginn unterstützen die Famila-Fischtheken mit fettarmen Weißfischen und leichter Convenience. Unter der Überschrift „Fisch ist gesund und hält uns schlank!“ werden küchenfertiger Kabeljau, Pangasius-Filets und eine Asia-Fischpfanne empfohlen, selbst auf der Rückseite bietet der „Heringssalat ‚Störtebeker’ – schlank und leicht“ noch eine Alternative zum parallel beworbenen panierten Backfisch. Ende April wünscht Famila „Frohe Ostern!“, verbunden mit ein paar Sätzen zu Regionalität und bestandserhaltender Fischerei: „Gerade unsere Fischer im Norden arbeiten besonders nachhaltig und zukunftsorientiert. Beispielsweise werden Netze mit größeren Maschenweiten als von Umweltverbänden gefordert eingesetzt.“ Für die Herkunft aus der Region stehen die „Omas“-Produkte der Famila: Omas Bismarckheringe, Holsteiner Aalrauch- oder Kräuter-Matjes, Bratheringe, Nordseekrabbensalat in zwei Variationen – „natürlich aus der traditionsreichen Krabbenfischerei in Büsum.“ Der Maischollen-Flyer verbindet Saisonales mit Regionalem: das rotweiße Dannebrog-Emblem verweist auf die Herkunft „Fangfrisch aus Dänemark“ – das kann im Norden beinahe als regionales Produkt gelten. „Juni ist der Matjes-Monat!“
Anteil der Werbeware am Umsatz: 30 Prozent
Famila Kiel-Wik: Warenhausleiter Ingo Riedel (2. v. l.), Bereichsleiter Thilo Schmitz (r.) und Fischthekenmitarbeiter René Stave, Andrea Geschke und Jürgen Holzhaus.
Die Grill-Saison begann bei Famila 2011 schon – aufgrund der ungewöhnlich hohen Temperaturen – im Mai: „Jetzt wird gegrillt und Maischolle gegessen!“ Der Juni und Juli, aber auch die letzten August-Tage stehen ganz im Zeichen des Grill-Fischs. Unter dem Slogan „Norddeutsche Griller sind härter – norddeutsche Fisch-Griller sind noch härter!“ werden Heilbuttfilets und Lachssteaks für den Rost vorgeschlagen, außerdem Seeteufelfilets begleitet von einem Zubereitungstipp „Seeteufel mit Aceto Balsamico-Sauce“. Sieben bis neun Artikel sind jedesmal in der Werbung – das sei vergleichsweise umfangreich, meint Thilo Schmitz. Hoch ist auch der Anteil, den die Werbeware am Thekenumsatz habe, nämlich rund 30 Prozent. „Die Kunden kommen häufig mit dem Angebotszettel und zusätzlich einer Bestellliste für Oma und die Untermieterin.“
Show-Filetieren schafft Zusatzumsatz
Die Fisch-Werbung der Famila beschränkt sich nicht auf die Werbezettel. Extern werden jeden Donnerstag im Kieler Express, dem Wochenblatt der Landeshauptstadt, ein bis zwei Artikel beworben. In den Märkten selber lenken Durchsagen die Aufmerksamkeit der Kunden auf die Fischtheke. „Es ist gerade ein Weißer Heilbutt aus Island eingetroffen. Diesen werden wir gegen 13:00 Uhr professionell filetieren und geben Ihnen Zubereitungstipps – besuchen Sie uns gerne in der Fischabteilung!“, zitiert Thilo Schmitz eine derartige Ansage. Wenn der aktuelle Personalstand es zulässt, sei solch eine Aktion jede Woche machbar. „Wenn Sie beispielsweise frische Lachse vor den Kunden filetieren, stehen die Schlange – jeder will wissen, was dort gerade passiert!“ Ein kleiner Zubereitungstipp – „Kaufen Sie sich noch ein Schälchen Petrella-Käse, und dann müssen Sie den Lachs nur noch in den Ofen schieben!“ – begeistert die Käufer. Und der Umsatz explodiert: „Hätte die Aktion nicht stattgefunden, hätten meine Mitarbeiter vielleicht drei Kunden gehabt, so haben sie in derselben Zeit 20 bis 30 Kaufinteressenten“, beschreibt Schmitz den Erfolg.
Fisch-TV an der Tresenrückwand
Auch an der Theke wird geworben und informiert. Auf einem Flachbildschirm an der Tresenrückwand wird die aktuelle Werbung präsentiert. An das vor vier Jahren bei Famila installierte „Hackfleisch-TV“ sind die Fischtheken allerdings nicht angeschlossen. Das Kunden-Fernsehen gewährt Einblick hinter die Kulissen der Fleischabteilung, zeigt kurze Einspieler und informative Imagefilme. „Da es viele Märkte ohne Fischabteilung gibt, macht Fisch in diesem zentralen System wenig Sinn“, erläutert Thilo Schmitz. Deshalb muss das Fisch-TV separat bespeist werden. Hier laufen beispielsweise Informationen zum Welsfilet aus norddeutscher Aquakultur, aufgezogen mit Biofutter in Mecklenburg-Vorpommern. Auch die vorgeschriebene Weltkarte mit den FAO-Fanggebieten, die andernswo gedruckt an der Wand hängt, ist bei Famila im TV-System hinterlegt.
Fokus auf regionale Lieferanten
Die beste Werbung ist langfristig von geringem Nutzen, wenn die Frischfischtheke an sich nicht schon für sich spricht und wirbt – ihre Aufmachung, die Produkte, das Verkaufspersonal. Die etwa acht Meter lange Theke stammt von dem österreichischen Ladenbauer Schweitzer. Knapp 250 Fisch- und Seafood-Produkte bietet Famila über das Jahr hier an. Wichtige Lieferanten sind Eduard Wiese & Ivens Kruse vom Kieler Seefischmarkt, der Hamburger Großhändler Karsten Hagenah und die Fischmanufaktur Deutsche See. Schmitz schätzt besonders die informell und logistisch kurzen Wege bei Wiese & Kruse: „Mit denen bespreche ich, von welcher Flotte, aus welchem dänischen Filetierbetrieb der Fisch kommt – und weiß, dass die Ware über das Wochenende angelandet und filetiert wurde.“ Einige Heringsprodukte und Fischsalate lässt Famila exklusiv in der Manufaktur eines mobilen Fischhandels im holsteinischen Neumünster herstellen – darunter jene Produkte, die unter dem Qualitätsprädikat „Omas“ und in der Werbung unter dem Motto „Aus der Region – für die Region“ angepriesen werden.
18 Varianten Brötchen – bis zu 360 Stück am Tag
Sieben bis neun Artikel sind jedesmal in der Werbung – das sei vergleichsweise umfangreich, meint Thilo Schmitz. Hoch ist auch der Anteil, den die Werbeware am Thekenumsatz habe, nämlich rund 30 Prozent.
Die hohe Kundenzahl ist auch dem Brötchengeschäft geschuldet. Nicht weniger als 18 Variationen zählt die Liste, davon die meisten derzeit zu Preisen zwischen zwei und drei Euro, nur für Garnelen, Backfisch und Nordseekrabben zahlt der Kunde mehr. Mindestens ein Dutzend stehen täglich zur Auswahl. „In Spitzenzeiten haben wir am Tag 360 Fischbrötchen verkauft“, berichtet Schmitz. Mittags kommen die Bediensteten der nahen Verwaltung und des Marinestandortes mit fast 5.000 Bundeswehrangehörigen aus den verschiedensten Bundesländern: „Manchmal stehen hier zehn Mann stramm und holen sich alle ein Fischbrötchen.“ Mitentscheidend für den Abverkauf ist übrigens die Präsentation. Einige Brötchen stehen appetitlich in Vitrinenelementen auf der Theke – unbeanstandet vom zuständigen Lebensmittelkontrolleur. Bei temperaturempfindlicheren Belägen – wie etwa den Nordseekrabben – befinden sich Kühlpads unter den Schalen. Liegen belegte Brötchen hingegen unten in der Kühltheke, kostet das Umsatz, hat Thilo Schmitz am eigenen Kaufverhalten bemerkt: „Ich habe einige Wochen lang kein Matjes-Brötchen gegessen, weil ich nur die Brötchen oben auf der Theke gesehen habe, jene mit Backfisch und Frikadelle.“
Bistro: „Bereiten es zu, wie man es gerne hätte“
Grund für die Platzierung der Fischtheke im Vorkassenbereich war auch die damit verbundene Möglichkeit, ein Bistro einzurichten. Die Gastronomie dient nicht nur der Abschriften-Reduktion – „wir haben sehr wenig Verderb“ – , sondern trage auch 20 Prozent zum Thekenumsatz bei. Mehr als ein Dutzend Gerichte führt die Speisekarte an, die preislich vom „kleinen“ Garnelenteller für 5,90 Euro über ein Dutzend Brat- und Grill-Fisch-Filets (6,90 bis 14,90 Euro)bis zum Garnelenteller „satt“ für 16,90 Euro reicht. Hier pausieren nicht nur Wochenendeinkäufer, hierher kommen auch die Urlauber vom nahen Wohnmobil-Stellplatz an der Holtenauer Kanalschleuse oder jene Damen aus dem nahen Villenviertel Düsternbrook, die zweimal die Woche nach dem Golfspiel bei einem Gläschen Chardonnay Muscheln, Dorade oder Wolfsbarsch genießen und an unserem Besuchstag voll des Lobes für das „entzückende Personal“ sind: „Die bereiten einem das zu, wie man es gerne hätte – besser als zu Hause und es stinkt nicht so wie zu Hause.“
Jede Theke steht und fällt mit der Mitarbeiter-Motivation. Thilo Schmitz schätzt sein engagiertes, insgesamt siebenköpfiges Personal in der Wik und betont gleichzeitig eigene Verpflichtungen: „Es reicht nicht, einen da nur reinzustellen. Wir bearbeiten quasi Rohdiamanten und qualifizieren unsere Leute.“ Kopf des Tresenteams ist der frühere Volkspolizist Jürgen Holzhaus, der vor seinem Eintritt bei Famila lange in einer Kieler Räucherei gearbeitet hat. Seine Unterarm-Tattoos, andernorts im Handel nicht so gerne gesehen, empfindet Warenhausleiter Ingo Riedel an der Fischtheke als passend: „Er wirkt mit seiner Mütze wie ein alter Seemann – die Tätowierungen spiegeln fast Kompetenz.“ Ein weiterer Kollege, der gerade seine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann beendet hat, hat Fisch für sich als Hobby und Berufung erkannt. Schmitz: „Solche Leute muss man motivieren.“ Eine neue Form der Mitarbeiter-Motivation hat gerade begonnen: jeder hinter der Theke besitzt seit Januar eine eigene Bediennummer für die Waagen. bm
Bestes Werbekonzept am Point of Sale des Jahres 2012