Die nördlichste Fischbude Deutschlands - Bestes Fisch-Gastro-Konzept 2011
Gosch Sylt – die „nördlichste Fischbude Deutschlands“
„Hier bin ich groß geworden, hier gehöre ich hin“
Vor fast einem halben Jahrhundert verkaufte Jürgen Gosch am Sylter Strand die ersten Aale, heute ist seine „nördlichste Fischbude Deutschlands“ einzigartige Erlebnisgastronomie und beliebter Szene-Treff. Für dieses einmalige Gastronomie-Konzept am Lister Hafen, das dem Fisch- und Meeresfrüchte-Verzehr generell Rückenwind gibt, wird Jürgen Gosch ein Seafood Star-Sonderpreis verliehen.
Ich habe ziemlich großen Ehrgeiz, mein Ehrgeiz bringt mich eines Tages um – ich weiß nur noch nicht, wann.“ Jürgen Gosch hat Sinn für Humor und eine Portion Selbstironie. Doch noch ist der 70-jährige, der am 15. Mai groß Geburtstag feierte, sehr lebendig und in der Regel täglich dort anzutreffen, wo die Keimzelle seines Imperiums steht: in der „nördlichsten Fischbude Deutschlands“ am Lister Hafen. Im vergangenen Jahr wurde „Gosch – das Fischrestaurant“ in die Reihe der „Marken des Jahrhunderts“ aufgenommen. Dass Goschs Name inzwischen bundesweit und darüber hinaus ein Begriff ist, ändert nichts daran, dass der Meister selbst weiterhin einen Großteil seiner Zeit in weiß-roter Küchenkleidung an der Basis verbringt – in „dieser Kult-Fischbude“ (Gosch-Eigenwerbung). „Hier bin ich groß geworden, hier waren meine ersten Anfänge, hier gehöre ich hin,“ begründet Jürgen Gosch seine quasi ständige Anwesenheit.
Vom Bauchladen zur Marke
Jürgen Gosch: „Wir sind ja noch ein Unternehmen zum Anfassen, wir wollen noch auf eine gewisse Art naiv sein. Gosch steht für Fisch und auch dafür, mal einen kleinen Schnack zu haben.“
Was 1972 als Verkaufsstand begann, ist seit dem letzten Erweiterungsbau ein respektables doppelstöckiges Restaurant-Gebäude mit unverwechselbarem Charakter. „Wenn die Sonne scheint, sitzen hier 1.000 Leute.“ Wer alleine die Gästezahl an diesem durchwachsenen Dienstagmittag im Mai, außerhalb der Hauptferienzeit, überschlägt, zweifelt nicht an dieser Behauptung. Dutzende von Urlaubern sitzen vor dem rotweißen Holzgebäude in der Sonne – an Tischen auf Holzbänken und in jenen überdimensionierten Strandkörben, die Jürgen Gosch selbst entwickelt hat: die „Gosch-Lounge“, gebaut in der Sylter Strandkorbmanufaktur, bietet um einen kleinen Holztisch sechs Personen Platz, Bullaugen und rückwärtiges Fenster ermöglichen Rundumsicht. Die „Fischbude“ selbst strebt nach „Hafenatmosphäre.“ „Da wollen wir es locker machen, da wird auch mal geschrien,“ beschreibt der Hausherr das Ambiente unter hölzernen Gallionsfiguren und Schiffslampen, zwischen messingnen Relings und Rettungsringen.
Die „Wahre Fischsuppe“
Auf einen zentralen Alkoholausschank stößt der Gast gleich hinter der Haupteingangstür. Die prominente Lage mag noch auf jene frühe Zeit des Prohibitionismus verweisen, als Jürgen Gosch an seinem Verkaufsstand 1972 zunächst keinen Alkohol ausschenken durfte. Gerne erzählt er die Anekdote von der Erfindung der „Wahren Fischsuppe“. „Wenn Du noch einmal Schnaps verkaufst, fliegst Du hier vom Lister Hafen,“ hatte ihm der Hafenmeister vor fast 40 Jahren angedroht. „In die Plastikbecher, aus denen ich damals Salate, Rollmöpse und Matjes verkauft habe, habe ich Korn mit Zitronenbrause gefüllt, zwei Krabben `reingelegt und das als Fischsuppe verkauft.“ Als sich der Kontrolleur erneut über die Alkoholisierung von Fischbuden-Gästen beschwerte, erhielt er zur Antwort: „Uwe, Du kannst mich `mal, - wieviel Schnaps ich in meine Fischsuppe tue, geht Dich gar nix an.“ Alkohol wird bei Gosch noch heute vergleichsweise preiswert ausgeschenkt und am liebsten in ganzen Flaschen verkauft, denn: „Wir wollen hier Stimmung `reinkriegen.“
Aus eigener Produktion
Die „Fischbude“ selbst strebt nach „Hafenatmosphäre.“ „Da wollen wir es locker machen, da wird geschrien,“ beschreibt der Hausherr das Ambiente..
An der rückwärtigen Längsseite der Fischgastronomie zieht sich eine Vielzahl von Theken. Für den eiligen Gast gibt es Brötchen auf die Hand, wer seine Mahlzeit sitzend einnehmen möchte, ordert, erhält eine Nummer und wird an die Theke gerufen, sobald der Bratfisch vom Grill, die Bratnudeln mit Gemüse und Krebsfleisch oder das Königskrabbenfleisch auf Seegras vor den Augen des Gastes angerichtet worden sind. „Wir arbeiten zunehmend mit Pasta und mehr Gemüse, weil wir da nicht soviel Fisch einsetzen müssen – denn es ist schwieriger geworden, gute Rohware zu bekommen,“ erläutert Jürgen Gosch. Produziert wird seit 1994 in Ellingstedt, rund 15 Kilometer westlich von Schleswig. „Auf Sylt darf man nicht produzieren, hier muss man verkaufen,“ ist Jürgen Gosch ökonomisches Credo. In Ellingstedt wird beispielsweise der hauseigene Matjes hergestellt – „mein Steckenpferd“, betont Jürgen Gosch. Ganzjährig gibt es den milden „Sylter Matjes“ oder den „Aalrauch Matjes“, der einzeln hängend geräuchert wird – zu erkennen am Loch im Filet. Für eine gute Heringsrohware bezahle er auch gerne ein paar Cent mehr: „Ob der Hering jetzt 30 oder 40 Cent teurer ist, ist zweitrangig – wir verdienen genug, wenn er bei uns auf den Teller kommt.“
Bei Urlaubsstimmung sitzt das Geld lockerer
Aus der 2008 modernisierten Produktion auf dem Festland werden nicht nur die inzwischen 11 Gosch-Filialen auf Sylt beliefert, sondern auch 24 Franchise-Nehmer, die bundesweit in Bahnhöfen, Flugplätzen und Innenstadtlagen das Gosch-Sortiment anbieten. Von Systemgastronomie möchte Jürgen Gosch aber im Hinblick auf die Festlandsgeschäfte nicht sprechen. „Wir sind ja noch ein Unternehmen zum Anfassen, wir wollen noch auf eine gewisse Art naiv sein. Gosch steht für Fisch und auch dafür, mal einen kleinen Schnack zu haben.“ Schließlich sei auch das Image der Sylter Gosch-Geschäfte gefährdet, wenn es in den Festlandsfilialen zu glatt zugehe. Die Produktpreise für seine Franchise-Nehmer definiert der Lizenzgeber als „ehrlich“ – schließlich sei deren Geschäft nicht so leicht wie jenes auf Deutschlands Urlaubsinsel Nr. 1: „Hier sind dieselben Kunden in Urlaubsstimmung – was sie hier auf Sylt essen und trinken, hat in der Erinnerung immer besser geschmeckt, auch wenn sie in den Franchise-Filialen dieselben Produkte erhalten.“
Kundenpotential: 1,4 Millionen Sylt-Urlauber
Gosch profitiert heute von seinem Kult-Status. Wenn der Besuch der Fischbude – oder wenigstens einer der insgesamt elf Insel-Filialen – als Pflichtteil eines Sylt-Besuchs gilt, so bedeuten mehr als 860.000 Übernachtungsgäste (2009) eine beachtliche potentielle Frequenz. Hinzu kommen 580.000 Tagesurlauber (2009), von denen ein Teil täglich mit der Sylt-Fähre von der dänischen Insel Rømø zum Lister Hafen übersetzt und wenigstens Zeit für ein Fischbrötchen bei Gosch hat. Goschs Fischbude und Gosch als Marke sind nur unklar voneinander zu trennen. Wer beispielsweise mit dem Autozug, anreist, stößt schon an der Verladestelle zum „Sylt Shuttle“ im friesischen Niebüll auf das beachtliche Merchandise-Sortiment des Promi-Fischgastronomen: im dortigen Kiosk werden gleich hinter dem Drehkreuz auf gut drei Metern Länge ein halbes Hundert Produkte mit dem Gosch-Label angeboten.
„Firma muss auch ohne mich laufen“
Die Lister Fischbude ist natürlich auch deshalb etwas Besonderes, weil „unser Jünne“ (Cornelia Reckert, Vorsitzende Dehoga-Sylt) dort persönlich zu treffen ist und bis heute ein „Jung zum Anfassen“ geblieben ist, wie es Lists Bürgermeister Wolfgang Strenger auf der jüngsten Geburtstagsfeier formulierte. Dennoch ist es Jürgen Gosch wichtig, dass „die Firma auch ohne mich läuft.“
Bestes Fisch-Gastro-Konzept des Jahres 2011