Ralf Forner - Ehrenpreis für das Lebenswerk 2024
Ralf Forner
„Fange nie an aufzuhören, höre nie auf anzufangen“
Als gebürtiger Insulaner ist Ralf Forner mit dem Meer und dem Fisch aufgewachsen. Schon früh wurde er vom Vater an das Angeln herangeführt, ein Hobby, dem er auch heute noch mit großer Begeisterung nachgeht. Als junger Bursche räucherte er Aale, Schollen, Makrelen und Knurrhahn für Touristen und Freunde und verdiente so das erste eigene Geld. Die Grundlage für eine erfolgreiche und facettenreiche Karriere in der deutschen Fischwirtschaft war gelegt.
Ralf Forner ist die Liebe zum Fisch in die Wiege gelegt worden ist. Aufgewachsen auf Norderney fing er schon als 6-Jähriger mit der Stockangel von der Bune aus die ersten Aale. Später lernte er vom Vater das Räuchern, veredelte fortan seine Fänge im elterlichen Garten und verkaufte sie mit Handwaage und selbst gemalten Schildern an die Touristen. „Ich habe in der Urlaubszeit immer gutes Geld verdient, aber irgendwann war es den Fischhändlern auf Norderney zuviel“, erinnert er sich lachend.
Der Aal liegt ihm bis heute am Herzen, es ist der Fisch, dem sein „Interesse und Engagement gehört, denn wir müssen etwas tun, damit sich die Bestandssituation nachhaltig bessert“, ist Forner überzeugt. Er ist Mitglied der Aalinitiative Deutschland und organisiert in seinem Angelverein ehrenamtlich seit mehr als einem Jahrzehnt Besatzaktionen, für die er jedes Jahr über 40.000 Euro Spendengelder von Geschäftsleuten und Betrieben aus der Fischwirtschaft einwirbt. Eine „Aalaktie“ bestätigt den Spendern ihr finanzielles Engagement, für das Ralf Forner dankbar ist: „Aus meiner Sicht hilft nur der Besatz und ich glaube den Wissenschaftlern, dass man damit etwas erreichen kann“.
Aufbau eines Großhandels mit Vollsortiment
Ralf Forner in den Räumen der Transgourmet Seafood-Akademie, in der in den letzten zehn Jahren etwa 15.000 Teilnehmer geschult worden sind..
Nach dem BWL-Studium an der Uni Bielefeld, das er als Diplom-Kaufmann abschloss, startete er seine Karriere in der Fischwirtschaft bei Deutsche See in Bremerhaven, wo er im Laufe von 13 Jahren auf vielen Positionen tätig war. „Betriebsleiter in der Niederlassung Bielefeld war wohl der härteste Job, den ich je hatte. Aber ich habe ihn sehr gerne gemacht, bin dort gestählt worden und habe bei Deutsche See meine Fischexpertise bekommen“, blickt er zurück. Der Wechsel zu Hussmann & Hahn nach Cuxhaven „hat meiner Karriere gut getan, denn ich kam in andere Positionen und Funktionen“. Er zeichnete dort verantwortlich für die Produktion von Frischfisch sowie die Herstellung und den Vertrieb von Räucherfisch.
Mit dem Wechsel zu Stöver Frischdienst bot sich ihm schließlich die Möglichkeit, das Warensegment Fisch in einem Unternehmen aufzubauen, das dort noch „einen weißen Fleck“ hatte. „Wir sind im Feinkostbereich gestartet und wollten ursprünglich maximal 100 Produkte ins Sortiment nehmen.“ Ein Plan, der sehr bald schon vom Erfolg überholt wurde. Die Kunden von Stöver wurden schnell auch mit Marinaden, Räucherfisch und Tiefkühlprodukten beliefert. Als Stöver im Jahr 2006 schließlich von Rewe Großverbraucher-Service (GVS) übernommen wurde, war das Warensegment Fisch im Unternehmen fest etabliert. Aber auch bei Rewe GVS stand man der „Königsdisziplin im Fischhandel“, dem Frischfisch, skeptisch gegenüber. „Niemand wollte nasse und nach Fisch riechende Kisten lagern und bewegen müssen“, erinnert sich Forner. Mit der Entwicklung einer tropffreien und geruchsneutralen Verpackung überwand man schließlich auch dieses Hindernis, womit ein Vollsortiment rund um den Fisch aufgebaut worden war.
Zwei Jahre später ergab sich für Ralf Forner die Möglichkeit, in die Geschäftsführung von Rewe GVS aufzusteigen. Gleichzeitig bot sich jedoch auch die Chance, für Rewe GVS einen eigenen Großhandel in Bremerhaven aufzubauen. „Ich wollte immer selbständig sein und mein eigenes Unternehmen haben. Das hat sich nicht ergeben, aber ich habe die Möglichkeit ergriffen, unter dem Dach eines Konzerns ein neues Unternehmen aufzubauen, das heute fest im Markt etabliert ist“, blickt Forner auf die letzten anderthalb Jahrzehnte zurück. Stolz ist er dabei auf seine Mitarbeiter, „die mit mir alle Höhen und Tiefen durchlaufen haben. Viele sind von Anfang an dabei und ich bin dankbar dafür. Alleine kann man so ein Unternehmen nicht aufbauen, nur als Team ist das möglich“. Transgourmet Seafood ist heute einer der führenden Fisch- und Seafood-Großhändler Deutschlands. Aktuell führt man mehr als 2.300 Fisch- und Seafoodprodukte im Sortiment und gilt als absoluter Vollsortimenter in Sachen Fisch.
Fort- und Weiterbildungszentrum für die Branche
Mit Stolz blickt er auch auf die Seafood Akademie, die in den oberen Räumen des Großhandels untergebracht ist. „Als neuer Player in der Branche wollten wir anfangs auch mit der Dienstleistung Schulung auf uns aufmerksam machen“, begründet Ralf Forner die Investition in das Fort- und Weiterbildungszentrum für Fisch & Seafood. Die Schulung der Rewe-Mitarbeiter sowie der Mitarbeiter von den Kunden der Rewe standen anfangs im Fokus der Akademie. Längst hat sie sich jedoch der ganzen Branche geöffnet und wird von einer Reihe von Sponsoren und Business-Partnern unterstützt. Praxisorientierte Darbietungen, durchgeführt von erfahrenen Spezialisten, bieten Einblicke in neue maritime Zubereitungsideen, Trends und machen das Personal in jedem Bereich fit für den erfolgreichen und kompetenten Fischverkauf. Betriebsbesichtigungen geben die Möglichkeit, hinter die Kulissen der Fischverarbeitung in Bremerhaven zu schauen. Von Nachhaltigkeit über Warenkunde und Betriebsbesichtigungen bis hin zu der selbstständigen Zubereitung von Fisch und Meeresfrüchten unter Anleitung und anschließenden Verkostung wird in der Seafood Akademie alles geboten. Ergänzt wird das Angebot durch Studienreisen in alle Welt.
Seit 2010 sind in den mit viel Liebe zum maritimen Detail eingerichteten Räumen etwa 15.000 Teilnehmer geschult worden. 40 bis 70 Veranstaltungen werden in der Akademie jedes Jahr durchgeführt, sowohl Basisseminare als auch Profikurse – seit 2017 findet in der Akademie auch die Fortbildung zum Fischsommelier/ière statt, die Ralf Forner federführend mit ins Lebens gerufen hat.
Nachhaltigkeit im Fokus
Rückblickend auf 35 Jahre in der Fischbranche sieht Ralf Forner mehrere Entwicklungen, die sein Berufsleben stark geprägt haben. „Die Großhandelslandschaft hat sich in der Zeit komplett verändert. Der Markt wurde früher bestimmt durch eine Vielzahl von selbstständigen Großhändlern im Binnenland, die heute weitgehend verschwunden sind. Der LEH versorgt sich im großen Maßstab selber, kauft Teile des Sortiments direkt ein und die Produzenten aus dem Ausland drängen immer stärker auf den deutschen Markt. Die Bedeutung des deutschen Fischgroßhandels ist geschrumpft“, bilanziert er die letzten drei Jahrzehnte.
Als große Errungenschaft sieht er die anhaltende Entwicklung zu immer mehr Nachhaltigkeit in der Fischbranche: „Damit muss sich heute jedes Unternehmen befassen“, ist Forner überzeugt. „Nachhaltigkeit ist ein kontinuierlicher Prozess, den es gilt in vielen kleinen Schritten immer besser umzusetzen und dabei ehrlich und aufrichtig zu kommunizieren.“ Transgourmet Seafood hat dafür ein ganzes Team ins Leben gerufen und beschäftigt eine eigene Nachhaltigkeits-Managerin, die alle Aspekte des Unternehmens auf seine Nachhaltikgeit überprüft. Außerdem hat man mit „Ursprung“ eine Marke entwickelt, in der ausschließlich nachhaltig erzeugte Fisch- und Seafood-Produkte zu finden sind. „Wir von Transgourmet sind von unserem Mutterkonzern in der Schweiz geprägt, die Deutschland beim Thema Nachhaltigkeit weit voraus ist. Unser klar formuliertes Ziel ist es, das nachhaltigste Unternehmen in der deutschen Fischbranche zu werden“, unterstreicht Forner.
Angeln und Reisen
Ralf Forner ist ein Tausendsassa in der Fischbranche, der im Laufe seines Arbeitslebens eine Fülle von Funktionen und Ehrenämtern übernommen hat. „Fange nie an aufzuhören, höre nie auf anzufangen“ lautet sein Lebensmotto. Anfang 2025 wird er in den Vorruhestand gehen und die Geschäftsleitung von Transgourmet Seafood geordnet an seinen Nachfolger übergeben. Angeln und Reisen stehen dann auf dem Programm. Er will sich zusammen mit seiner Frau die Welt ansehen und wieder mehr Zeit in seinem Elternhaus auf Norderney verbringen, wo er auch ein Boot liegen hat. „Das ein oder andere Ehrenamt werde ich weiter führen und wenn man meine Fischexpertise benötigt, dann habe ich immer ein offenes Ohr dafür.“
nik
Ehrenpreis für das Lebenswerk des Jahres 2024