Fischhof Baumüller - Beste Direktvermarktung 2020
Fischhof Baumüller, Wickede
„Das Produkt hochwertig herstellen und selber gut vermarkten“
Vor 50 Jahren als Forellenzucht und Angelpark gegründet, besitzt der Fischhof Baumüller in Wickede (Ruhr) heute zahlreiche Geschäftsfelder. In der Räucherei als Kern des Hofes werden zugekaufte lebendfrische Forellen, frische Lachse sowie weitere Fischarten veredelt. Das Gros der Produktion wird ab Hof und im mobilen Handel vermarktet, LEH und Caterer werden mit SB-Produkten bedient.
Auch im Ruhrtal gibt es stimmungsvolle Ecken. Der Fischhof Baumüller in Wickede (Ruhr) ist solch ein Ort. Im kleinen Strullbachtal liegt links und rechts der Straße seit fast 250 Jahren die Hofstätte Baumüller. Im Schatten des früheren Klosters und heutigen Landgutes Scheda war sie eine von vielen Kotten – Klein- und Kleinstbetriebe, von denen die meisten die Landwirtschaft längst aufgegeben haben. Der Betrieb Baumüller ergänzte den Agrarbetrieb bereits vor gut einem halben Jahrhundert um die Fischzucht und -vermarktung, ein in Westfalen eher seltener Zweig der Landwirtschaft. 1968 entschied sich Landwirt Hubert Baumüller, der Vater des heutigen Inhabers, das Quellwasser des Strullbachs, das sein Eigentum durchquert, zu nutzen und erhielt die Genehmigung, Fischteiche anzulegen. Er setzte Forellen aus und gab Angelscheine für Sportangler aus. 1972 errichtete er eine Räucherei und in den ehemaligen Stallungen baute er Wasserbecken für die Fischzucht und zur Hälterung von Süßwasserfischen.
Zukauf von Lebendforellen und Frischlachs
Sein Sohn Frank Baumüller und dessen Frau Walburga bewirtschaften heute noch sechs Fischteiche. „Doch die gezüchtete Forellenmenge ist in Relation zu der Menge, die wir brauchen, marginal“, sagt Frank Baumüller ein halbes Jahrhundert nach Gründung der Fischzucht, „da wir nicht genug Wasser für eine Außenforellenzucht haben, konzentrieren wir uns auf die Wertschöpfung und Spezialisierung, um das Produkt hochwertig herzustellen und selber gut zu vermarkten.“ In den vorhandenen Hälterungsbecken können die Baumüllers bis zu 800 Kilogramm lebende Forellen, 400 Kilo Lachsforellen und weitere Fischarten hältern. Fast eine Tonne Fisch werden jede Woche benötigt. „Wir haben früher viel aus Dänemark gekauft, haben uns aber über die Jahre entschlossen, weitestgehend regional einzukaufen, so dass wir heute viel aus Nordrhein-Westfalen, speziell aus dem unmittelbar angrenzenden Sauerland erhalten“, sagt der gelernte Fischwirt Baumüller, der auch Vorstandsmitglied bei „Fischkultur NRW“ ist, dem Verband der Fischzüchter und Teichwirte des Bundeslandes. Neben den Forellen hat sich Lachs zu einem weiteren Standbein entwickelt: zweimal wöchentlich treffen auf dem Fischhof 20 bis 25 Kisten ganze frische 4/5er Lachse aus Bremerhaven ein, rund eine Tonne frischer Lachs die Woche. Dabei handelt es sich hauptsächlich um norwegischen Lachs, zunehmend aber auch um Bio-Lachse vor allem aus Schottland und Irland – „aber es ist schwierig, Ware zu bekommen“ – sowie Sockeye-Wildlachs.
Forellenfilets für den VIP-Bereich des BVB
Das operative Herz des Fischhofs sind zwei Altonaer Öfen im Untergeschoss des Fachwerkgebäudes. Dort werden neben den genannten Kernprodukten auch Aale, Makrelen, Heilbutt, Butterfisch und einige weitere Arten in den Rauch gehängt. Der Trend geht auch hier zur Convenience. „Der Absatz der klassischen geräucherten Forelle stagniert wie auch der des lebenden Karpfen. Wenn die Kunden in der Theke das Filet sehen, kaufen sie das – auch wenn die geschlossene Räucherforelle nach mehreren Stunden Liegen im Vorteil ist“, beobachtet Frank Baumüller. Entsprechend produzieren die Baumüllers für die Edeka neben dem Räucherforellenfilet Natur zwei weitere Varianten: Forellenfilets Bruschetta und Forellenfilets mit Dill. „Die Filets sind fast grätenfrei, ohne Haut, mit Aufstreu – die kommen gut an. Und darüber erhalten die Menschen wieder einen Zugang zu dem guten Produkt Forelle“, ist sich Frank Baumüller sicher. Neben dem LEH-Geschäft arbeitet der Fischhof Baumüller auch für das Catering-Geschäft. „Wir hatten das große Glück, einen Zugang zu Borussia Dortmund zu bekommen“, berichtet der Räucherer, „dabei sind der entscheidende Punkt bessere Qualitäten als die Handelsqualitäten.“ In Fünfer-Packs liefert der Fischhof filetierte Räucherforellen, aber auch handgeschnittenen Räucherlachs für den VIP-Bereich des Signal-Iduna-Parks. Die Forellenfilets werden auf dem dortigen Buffet mit abgezogener Haut als reines Filet serviert.
Hofladen und drei Verkaufswagen
Frank Baumüller und seine Frau Walburga bewirtschaften heute noch sechs Fischteiche. „Doch die gezüchtete Forellenmenge ist in Relation zu der Menge, die wir brauchen, marginal“, sagt Baumüller.
Die wichtigste Vermarktungsschiene des Fischhofs Baumüller ist jedoch der direkte Verkauf über den eigenen Hofladen sowie über drei Verkaufswagen. Hinter der Fachwerkfassade des Hauptgebäudes liegt straßenseitig der etwa 40 Quadratmeter große Laden, der im Jahre 2014 seine heutige Gestalt erhielt. Dunkle Eichenholzbalken und weiß getünchte Wände spiegeln innen die Außenfassade. Die 3,20 Meter lange Theke und die meisten Schalen sind ebenfalls in Schwarz gehalten. Die Auslage beginnt linkerhand mit dem mehr als ein Dutzend Artikel zählenden Räuchersortiment: ein im Salzbett gereifter, kalt geräucherter Norwegerlachs, kanadischer Sockeye-Wildlachs und Graved Lachs sowie Stremel naturell und mit Pfefferaufstreu, ganze Makrelen und Makrelenfilets ebenfalls in den Variationen Natur und mit Gewürz, Heilbutt- und Butterfischstücke, Aale, Bücklinge und Sprotten, wobei letztere zugekauft werden.
Rechterhand schließt sich das Segment Salate und Marinaden an. „Bei der Salatkreation sind unsere angestellten Köche Ideenbringer und damit eine echte Bereicherung“, lobt Frank Baumüller seine auch im Verkauf tätigen Mitarbeiter. Wichtige Feinköstlichkeiten sind Lachs-Lauchsalat und Heringsstipp, Räuchermus und Lachstatar. Auch die Heringsfilets nach Matjesart für die Salate und Räuchermatjes werden im eigenen Hause gereift. Die hausgemachten Fischfrikadellen entstehen hauptsächlich aus TK-Seeblockware und jenem Seefisch, der nicht aus dem anschließenden dritten Thekensegment verkauft wird. Dort liegen Lachse, eingekauft bei West Fish und Scottish Import in Bremerhaven, sowie Konsumfische (Scholle, Kabeljau, Rotbarsch, Seelachs) und Zanderfilets vom Fischhandelskontor Thorsten Kuhirt/Atlantic Fish Partners in Haan. Direkt als Flugware über den Airport in Köln kommt der Bakkafrost-Lachs von den Färöer Inseln – „nachhaltig, aber kein Bio-Fisch“, beschreibt Frank Baumüller das Produkt. Der Kunde kann auch einige Tiefkühlprodukte kaufen, darunter 8/12er Black Tiger-Garnelen oder Tintenfischtuben von der Handelsgesellschaft Riba. Auf einem rustikalen Holzregal bieten die Baumüllers als Beisortiment ein gutes Dutzend Alkoholika, vor allem Weine, aber auch Eierlikör und Eierpunsch, Raps- und Blütenhonig und mehrere Sorten „Schwerter Senf“ – ein Produkt aus einer historischen Senfmühle im Sauerland.
Spezialisiert auf Alternativmärkte und Direktvermarktungshöfe
Die drei Verkaufswagen mit jeweils vier Metern Gesamtauslage werden in den frühen Morgenstunden mit dem gleichen Sortiment bestückt, das im Hofladen ausliegt. Die beiden „Hauptwagen“ – einer Baujahr 2010, der andere von 2016 – fahren wöchentlich sieben Märkte an. „Wir haben klassische Märkte dabei, die wir an zwei Tagen die Woche fahren, aber spezialisiert sind wir auf Alternativmärkte oder Direktvermarktungshöfe“, erklärt Frank Baumüller. Zu letzteren gehören ‚Viertmanns Mühlenfeldmarkt‘ in Werl-Hilbeck, der ‚Stockumer Hofmarkt‘ in Unna-Stockum oder der ‚Landmarkt Drepper‘ in Iserlohn-Sümmern. An den letzteren werden auch SB-Produkte geliefert, die dort vor allem an jenen sechs Tagen der Woche nachgefragt werden, an denen kein Wagen mit dem losen Sortiment vor Ort ist. Ein Selbstfahrer als dritter Wagen wird nur einmal pro Woche eingesetzt. „Wir müssen darauf achten, dass unser Verkauf an die Produktion angepasst ist“, begründet der Fischwirt die nicht vollständige Auslastung der Verkaufsfahrzeuge.
Präsente in Sprottenkisten und Muschelsäcken
Der von den Baumüllers angebotene umfangreiche Fischplatten-Service wird hauptsächlich über den Hof abgewickelt, kann aber auch über die Verkaufswagen genutzt werden. Die individuell nach Kundenwunsch zusammengestellten Platten werden dann auf den Mobilen mitgenommen. Zu Festtagen oder feierlichen Anlässen werden außerdem Präsentkörbe zusammengestellt, die beispielsweise Firmen an ihre Kunden verschenken. Etwa eine Woche vor Weihnachten sei ein Schwung von gut 150 Präsenten rausgegangen, sagt Walburga Baumüller. Als stilvolle Verpackung werden hölzerne Original-Sprottenkisten verwendet oder gewaschene Muschelsäckchen.
Die ‚Fisch-Stube‘ als Bedarfsgastronomie
18 Mitarbeiter beschäftigt der Fischhof Baumüller aktuell. In der Weihnachtszeit kann diese Zahl bis auf 40 anwachsen.
Ein weiteres Erwerbsfeld des Fischhofs ist eine Bedarfsgastronomie, die die Familie Baumüller in ihrer ‚Fisch-Stube‘ – „dem Schmuckstück unseres Hofes“ – betreibt. Aktuell wurde ein Bauantrag gestellt, um den Schankraum von bislang 70 Quadratmetern um weitere 60 Quadratmeter nahezu zu verdoppeln und damit die mögliche Gästezahl von bislang 50 auf 80 bis 100 Personen erweitern zu können. Von der behaglich-rustikalen Fisch-Stube und der zur wärmeren Jahreszeit nutzbaren Terrasse bietet sich den Besuchern ein Panoramablick auf das grüne Ruhrtal und Aufzuchtteiche des Hofes. „Sie können die Räume für private Feiern oder Schulungen mieten. Im Anschluss an unsere Betriebsführungen bringen wir den Besuchern das Produkt Fisch in Form von Salaten oder hergerichteten ganzen Fischen nahe“, beschreibt Frank Baumüller Nutzungsanlässe für die Gastronomie. Ergänzend bietet eine finnische Kota, die „Fisch-Kota“, einen weiteren gemütlichen Rückzugsraum für eine Kleingruppe, ausgestattet mit Getränkekühlschrank. Auch auf mehreren Bauern- und Weihnachtsmärkten bietet die Familie Speisen und ihr Fischsortiment an. Als Spezialitäten werden Forellenfilets im Bierteig mit Knobi-Dipp und Flammlachs aus einem selbst gebauten Feuerkorb gereicht.
„Fisch-Park am Strullbach“
Weiterhin betrieben wird auch der von Hubert Baumüller vor einem halben Jahrhundert angelegte „Fisch-Park am Strullbach“. Auf einer Fläche von rund 10.000 Quadratmetern sitzen, oft schon ab den frühen Morgenstunden, passionierte Angler an drei Teichen, zwei Forellen- und einem Naturteich. Auch der Senior arbeitet gelegentlich noch für den Fischhof: am Besuchstag holte er geschlachtete Aale von der Albe-Fischfarm in Haren-Rütenbrock.
bm
Beste Direktvermarktung des Jahres 2020