Fisch Otto - Bestes mobiles Fisch-Fachgeschäft 2020
Fisch Otto, Rehburg-Loccum
„Unsere eigene Manufaktur ist unser Pluspunkt“
Eine eigene Räucherei, Salat- und Marinadenproduktion sind das Herz von Fisch Otto und gewährleisten solide Umsätze und Rohwarenaufschläge. Auch mit Island-Lachs oder Verzicht auf Konservierung profilieren sich die neuen Inhaber Geraldine Grote-Haupt und Jan Grote. Eine Umsatzbeteiligung der Verkäufer und ein Warenwirtschaftssystem mit EAN-Code-Einsatz sind weitere Aspekte des Erfolgs.
Der mobile Fischhandel Fisch Otto ist ein Traditionsgeschäft par excellence. Die Fischtradition der Familie reicht bis 1792, weit über 200 Jahre zurück, und selbst der Fischhandel besitzt eine mehr als 100-jährige Historie. Zur Jahresmitte 2019 hat nun der bisherige Inhaber Thomas Otto (61) das Unternehmen an eine jüngere Generation übergeben. Offiziell seit dem 1. Juni führen zwei langjährige Mitarbeiter, Geraldine Grote-Haupt (37) und ihr Bruder Jan Grote (33), das Geschäft, das in diesem Zusammenhang den Namen von Gebrüder Otto Fischräucherei zu Fisch Otto änderte. Die Geschwister setzen auf Bewährtes – und haben doch einige Weichen neu gestellt.
29 Wochenmärkte
Mit fünf Verkaufsfahrzeugen bedient Fisch Otto wöchentlich 29 Wochenmärkte in der Region Hannover, Hameln, Minden und Nienburg/Weser. Ein Großteil dessen, was die mobilen Fischtheken aus Rehburg-Loccum – hier liegt der Firmensitz – anbieten, stammt aus eigener Produktion. „Unsere eigene Manufaktur ist unser Pluspunkt – das versuchen wir auch, unseren Kunden mitzuteilen“, sagt Jan Grote. Bereits während seines BWL-Studiums, Schwerpunkt Logistik und Marketing, hat er bei Gebrüder Otto gejobbt. Schwester Geraldine hatte sich bereits als Schülerin Geld mit dem Fischverkauf verdient, bevor sie in den Niederlanden Retail-Management studierte. Diese Berufsbiographie hat dazu geführt, dass die neuen Inhaber von einigen jener altgedienten Otto-Mitarbeiter quasi ausgebildet wurden, die sie heute leiten.
Umstellung auf Island-Lachs
Das operative Herz von Fisch Otto ist eine 2014 neu gebaute Produktionshalle mit einer Räucherei, die im März 2020 erneuert werden soll. Hier werden regelmäßig gut 60 Räucherprodukte, Fischsalate und Marinaden produziert. Dazu zählen kalt und heiß geräucherte Lachsprodukte, Schillerlocken, Heilbutt, Ma-krelen und Rotbarsch. Alleine vom Lachs werden wöchentlich 300 bis 400 kg Filet verarbeitet. Nachdem jahrelang norwegische und schottische Lachse eingesetzt wurden, stellen Geraldine und Jan Grote jetzt sukzessive auf isländische Rohware um, bislang nur beim Frischlachs, doch ab 2020 soll auch der Lachs für Salate, Stremel- und Kalträucherlachs aus Island stammen. „Das ist das Nachhaltigste, was es momentan gibt. Denn die Isländer verwerten alles, was der Lachs hergibt“, sagt Jan Grote – und betont: „Man schmeckt den Unterschied.“ Ein Hinweisschild an der Frontscheibe der Theke informiert den Käufer mit den Stichworten „Nachhaltigkeit“, „Natürliches Futter“, „Keine Antibiotika“, „100% Natur“. Obgleich der Thekenpreis für das Frischlachsfilet aus Island bis zu 40 Prozent höher liege als jener für norwegische Ware – aktuell 34,90 Euro/kg gegenüber 24,90 Euro/kg – , sei die Verkaufsmenge seit Umstellung um 30 Prozent gestiegen.
Ein Wermutstropfen: Island-Lachs ist nicht jede Woche erhältlich. „Wir verkaufen dann auch mal mit ‚nein‘, dann muss der Kunde Rotbarsch oder Seelachs kaufen“, sagt Geraldine Grote-Haupt. Das gelte übrigens grundsätzlich für Frischfisch an einem Samstag, wenn sich die Sortimentsauswahl bereits gelichtet hat. Doch wenn der Verkäufer dem Kunden überzeugend vermittle, dass gerade am Wochenende die Frischware abverkauft werden müsse, findet die Begründung bei der Kundschaft Akzeptanz.
Zunehmend Verzicht auf Konservierungsstoffe
In Rehburg-Loccum werden aktuell vier Azubis geschult. Eine ganze Reihe jener Kollegen, die heute mit den fünf Wagen auf die Märkte fahren, wurden im Hause Otto ausgebildet.
Renner aus der eigenen Produktion sind Matjes in Sahnesauce oder auch Curry-Heringshappen. Die eigene Herstellung nutzt Fisch Otto zunehmend, um seinen Kunden auf den Märkten „Clean label-Produkte“ anzubieten. „Bei den Heringen wollen wir demnächst ohne Konservierungsstoffe arbeiten und Mayonnaise und Dipps wollen wir gerne selbst herstellen, um die Konservierung rauszunehmen“, kündigt Geraldine Grote an. Ab kommendem Jahr soll entsprechend auf den Autos geworben werden: „Wir machen jetzt alles ausschließlich selber.“
Die Performance eines Fischhandels steht und fällt auch mit der Motivation der Mitarbeitenden. Dass das Betriebsklima angenehm ist, darauf deutet schon die freundliche Verabschiedung, die Thomas Otto im Sommer 2019 erfuhr. Zu der „Übergabe- bzw. Übernahme-Party“ überraschte die Belegschaft den scheidenden und die neuen Inhaber mit geschmückten Autos und launigen T-Shirts, die unter anderem ein Aquarell-Porträt von Otto trugen mit dem Schriftzug: „Ich mach hier jetzt nen Schuh!“ Die familiäre Atmosphäre bestätigen Geraldine und Jan Grote, ergänzen aber auch: „Wir haben schon von Mitarbeitern gehört: ‚Es ist schwierig, von Dir Kritik zu hören, weil Ihr mehr Familie seid als Chef.“
Umsatzbeteiligung des Verkaufspersonals
Motivierend wirkt eine Umsatzbeteiligung des Verkaufspersonals. Auf jenen Tagesumsatz, der einen Mindestumsatz übersteigt, erhalten die Thekenkräfte Provision. Das summiere sich bei einigen auf mehrere hundert Euro Zusatzverdienst. Der bei Fisch Otto gezahlte Stundenlohn könne damit individuell um fast 50% steigen. „Das haben sie dann auch richtig verdient“, beugen die Geschäftsführer jedem falschen Eindruck vor. Auch mit den Unternehmenszahlen gehe man intern offen um, sagt Jan Grote.
Eine Optimierung haben die Betriebsabläufe bei Fisch Otto auch durch die Einführung eines Warenwirtschaftssystems des Waagenherstellers Bizerba erfahren. „Jedes unserer fünf Fahrzeuge ist eine eigene ‚Filiale‘, für die täglich kommissioniert wird“, erläutert Jan Grote, „die Ware wird in das Warenwirtschaftssystem eingepflegt und am Ende der Woche wird eine Retoure gemacht.“ Da die eigenen Lieferanten mehrheitlich noch nicht mit dem EAN-Code arbeiten, vergibt Fisch Otto für alle Wareneingänge diesen Code. Wird die Ware bei Bedarf aus dem Kühlhaus entnommen, müssen die Produkte nur noch gescannt werden. Die Verkaufsstatistiken ermöglichen eine zielnahe Planung auf Grundlage der Vorjahreszahlen, die das Warenwirtschaftssystem aufgezeichnet hat. „Weihnachten ist nur noch ein Knopfdruck“, meint Jan Grote pointiert. Wurden Weihnachten 2018 vom 22. bis 31. Dezember 279 Räucherlachspackungen verkauft, dann werden in diesem Jahr 300 Pakete produziert. Schon im letzten Jahr sei auf diese Weise eine Punktlandung möglich gewesen: „Der komplette Froster, das komplette Kühlhaus waren am 31.12. abverkauft.“ Selten war ein Artikel aus.
Produktspezifischer Einsatz der Mitarbeiter
Das operative Herz von Fisch Otto ist eine 2014 neu gebaute Produktionshalle mit Räucherei, die im März 2020 erneuert werden soll. Hier werden gut 60 Räucherprodukte, Fischsalate und Marinaden produziert.
Auch für die Produktion habe die Einführung des EAN-Codes zu erheblichen zeitlichen Einsparungen geführt, ergänzt Geraldine Grote-Haupt und nennt einen weiteren Vorteil: „Wir wissen, wieviel Arbeitszeit wir für die Herstellung einer bestimmten Salat- oder Räucherfischmenge mit bestimmten Mitarbeitern benötigen.“ Entsprechend würden die Mitarbeiter zunehmend produktspezifisch eingesetzt: der eine ist ein guter Filetierer, die andere ist eine geübte Salatproduzentin. Die konsequente Dokumentation führt aber auch dazu, dass die Inhaber nicht spontan Ware für den Eigenbedarf entnehmen können: „Wir müssen selbst an den Verkaufswagen gehen und unseren Fisch kaufen!“ Die einzelnen Mitarbeiter interessieren sich sehr für die wöchentlichen Verkaufszahlen und fragen die Auswertung ihrer Fischwagen ab.
Ausbildung sorgt für Personalnachwuchs
Ein im Fischhandel ständig angesprochenes Problem ist der Arbeitskräftemangel. Fisch Otto hat in diesem Punkt mit der erfolgreichen Ausbildung des eigenen Mitarbeiternachwuchses reagiert. „In der Branche haben viele keine Auszubildenden, weil sie entweder keine bekommen oder diese nicht bleiben“, beobachtet Geraldine Grote-Haupt. In Rehburg-Loccum werden aktuell vier Azubis geschult. Eine ganze Reihe jener Kollegen, die heute mit den fünf Wagen auf die Märkte fahren, wurden im Hause Otto ausgebildet. Das, so vermuten die Geschwister Grote, könne auch daran liegen, dass sie beide selbst noch relativ jung sind, die 30 gerade überschritten haben. Wichtig: Thomas Otto habe ein familiäres Betriebsklima vorgelebt. Die Verkäufer stacheln sich gegenseitig an, wer mehr Umsatz pro Kunde erziele, schließen Wetten mit der Unternehmensleitung ab. Nach Feierabend wird gemeinsam Fußball geguckt oder gesellig gegessen. Einen Aspekt hierbei nennt Jan Grote: „Wir haben ein paar Leute, die den sozialen Klebstoff spielen.“
Lohnproduktion wird ausgeweitet
Entsprechend zufrieden zeigen sich die Inhaber mit Umsätzen und Rohaufschlägen, die dank der eigenen Produktion möglich sind – was nicht heißen solle, „dass wir nicht dafür kämpfen müssen, dass es am Jahresende auch gut aussieht.“ Ein weiteres Standbein der Produktion ist die Lohnräucherei, die nach Installation der neuen Räucheranlage im März 2020 ausgeweitet werden soll. Ganz neu sei dieser Großhandel nicht, erinnert Jan Grote: früher habe man bereits ehemalige Mitarbeiter beliefert, die sich mit einem eigenen Verkaufswagen selbstständig gemacht haben.
„In Zukunft wollen wir verstärkt auch unser Handwerk als Serviceleistung anbieten“, umreißt Geraldine Grote-Haupt das Konzept Lohnproduktion. Neben dem Räuchern in Lohn können sich die Grotes auch vorstellen, Heringssalate oder Matjes nach Kundenspezifikation herzustellen. Der Kunde könne frei wählen, ob er etwa zusatzstofffreien Heringssalat, das Räucher-Komplettpaket oder das reine Handwerk als buchbare Serviceleistung möchte. „Wir sind breit genug aufgestellt, um kundenindividuelle Angebote abbilden zu können“, sagen die Geschwister abschließend.
bm
Bestes mobiles Fisch-Fachgeschäft des Jahres 2020