Schich GmbH - Ehrenpreis Lebenswerk 2014
Erich Schich, Bremerhaven
Die Theke ist die Bühne für den Fisch“
Seit 40 Jahren prägen die Fischtheken aus dem Hause Schich das Erscheinungsbild des Fischhandels in Deutschland. Verkaufskonzepte vom Bauchladen bis zur 32-Meter-Auslage hat das Unternehmen aus Bremerhaven bereits umgesetzt. Kreativer Motor dahinter ist Erich Schich, der Maschinenschlosser gelernt hat, auf einem Fischdampfer zur See gefahren ist, einer der ersten Kältemechanikermeister in Norddeutschland wurde und auch schon Erfahrungen als Fischhändler gesammelt hat.
Schich Theken und Tresen
sind visuelle Highlights und präsentieren die Ware optimal dem Verbraucher.
Hektisch und chaotisch“, so beschreibt sich Erich Schich selbst. „Ich mache immer zehn Dinge auf einmal und bin selten zufrieden.“ Aus dem Mund seiner Frau Christine klingt die Beschreibung seiner wesentlichen Charakterzüge anders: „Innovativ und hilfsbereit“ sei er, „ehrlich und direkt. Wenn jemand nach Hilfe ruft, dann wird ihm geholfen.“ Wer Erich Schich kennt, der weiß, dass sowohl seine Eigenwahrnehmung als auch die liebevolle Beschreibung seiner Frau zutreffen. Er ist erfindungsreicher Antreiber eines erfolgreichen Unternehmens, das in diesem Jahr sein 40-jähriges Jubiläum feiert. Der Name Schich gilt im Bereich Theken- und Ladenbau als Synomym für Wertarbeit und Langlebigkeit – Stahl, Glas und Stein sind die dominanten Bestandteile seiner Verkaufsmöbel. Auch bei der Planung und Einrichtung von Gastronomie, Bistros und Großküchen verfügt man über jahrzehntelange Erfahrung.
„Superseller“, „Circolo“, „Triton“, „Octopus“ oder „Mar“ heißen erfolgreiche Thekenkonzepte, die das Gesicht von Fischfachhandel und Feinkostabteilungen in den letzten Jahrzehnten wesentlich geprägt haben. Bei diesen Produktlinien handelt es sich weniger um steckerfertige Standardmöbel, als vielmehr um individuelle Anpassungen. „Wir fertigen in der Regel Sonderbauten, Verkaufslösungen von der Stange sind heute selten geworden“, weiß Erich Schich und liefert auch die Erklärung dafür: „Fischhändler, die heute erfolgreich am Markt agieren, sind in der Regel Individualisten, die genaue Vorstellungen von ihrem Ladengeschäft haben.“ Im Durchschnitt wird heute ein Standort pro Monat ausgerüstet, wobei der Zeitraum von der ersten Kontaktaufnahme bis zur Übergabe stark variieren kann. „Beim Theken- und Ladenbau begibt man sich immer wieder auf Niemandsland, weil sich Faktoren wie Standort, Betreiber, Arbeitsabläufe, Finanzierung und viele andere Rahmenbedingungen voneinander unterscheiden.“
Vom „Maling“ zur 3D-Zeichnung
Im Ladenbau entwickelt man in enger Abstimmung mit dem Kunden vor Ort das perfekte Verkaufskonzept mit optimaler Lichttechnik und individuellen Lösungen für den klassischen Einzelhändler sowie den Großkunden.
Basis des Gestaltungsprozesses sind der Grundriss des Geschäftes sowie die Wunschvorstellung des Betreibers. Auf dieser Grundlage macht man in Bremerhaven einen ersten Entwurf und passt diesen vor Ort an die Gegebenheiten an. Wann immer möglich übernimmt Erich Schich diese Aufgabe selbst, um sich persönlich ein Bild von der Aufgabe zu machen. Dabei entstehen die von den Mitarbeitern „Malings“ genannten Handskizzen, die im Büro in maßstabsgerechte Konstruktionszeichnungen umgesetzt, dann zunächst in 2D-Ansichten und später in 3D-Zeichnungen umgewandelt werden, damit die Betreiber sich ein Bild vom künftigen Ladenbau machen können. Diese aufwendige Visualisierung ist notwendig, damit beide Seiten – die Investoren und die Ladenbauer – von Anfang an die gleiche Sprache sprechen und nicht aneinander vorbeidiskutieren.
Ladenbau ist mehr als die Theke
„Die Theke ist die Bühne für den Fisch, aber Ladenbau ist mehr als die Theke“, unterstreicht Erich Schich. Für die Ansprache der Kunden ist in der Regel nur der Verkaufsraum mit der attraktiven Fischtheke wichtig. Für den Betreiber zählt hingegen auch der funktionale Aufbau aller nachgelagerten Einrichtungsgegenstände, wie zum Beispiel Kühl- und Lagerräume, der Küchentechnik, den Räumen zur Be- und Verarbeitung der Rohware beziehungsweise der Herstellung von hausgemachten Produkten.
„Grundlage des Ladenlayouts ist der Arbeitsablauf. Es macht einen großen Unterschied, ob Fischfilets nur durchgehandelt werden, oder ob im Laden filetiert, entschuppt und küchenfertig vorbereitet werden soll“, verdeutlicht Erich Schich die Problematik. Bei dieser Aufgabe kommt dem Ladenbauer zugute, dass er selbst mal zwei Fischfachgeschäfte betrieben hat. Kurz nur, aber doch lange genug, um die Bedürfnisse der Fachhändler aus eigenem Erleben zu kennen. In Dortmund hatte sein Unternehmen die beiden Filialen einst ausgebaut und ist dann auf den Investitionen sitzen geblieben, da der Auftraggeber zwischendurch zahlungsunfähig geworden war. Kurzentschlossen übernahm man selbst die Regie, bis ein Pächter gefunden wurde. Wenn Erich Schich heute sagt: „Wir wissen, was der Fischhandel braucht“, dann nicht nur aus seiner Erfahrung von 40 Jahren Ladenbau, sondern auch aus der eigenen Verkaufspraxis heraus. Entsprechend umfangreich ist das Angebot an Peripheriegeräten von Arbeits- und Durchleuchtungstischen bis zu Eismaschinen und Räuchergeräten. Sein „Räuchermeister“-Konzept wurde 1986 mit dem Innovationspreis der Fischwirtschaft ausgezeichnet.
Rückschlag in Russland
Rückblickend sind die vier Jahrzehnte nicht ohne geschäftliche Rückschläge geblieben, resümiert Erich Schich sein Wirken. Besonders heftig traf ihn in den 80er Jahren ein Russland-Geschäft. auf Kamtschatka, einer Halbinsel im ostasiatischen Teil Russlands. Dort hatte er als federführender Bauunternehmer den Auf- und Ausbau der Infrastruktur des Fischereihafens organisiert. Bezahlt wurde mit Lachskonserven, für die man auf dem englischen Markt bereits Abnehmer hatte. Als die Lieferung dort eintraf, war jedoch die Hälfte der Schiffsladung durch mangelhafte Verarbeitung verdorben (Bombage) und musste vernichtet werden, sodass ein Schaden von mehr als 26 Millionen Dollar entstand. Büros in Wladiwostok, Moskau und Tallin mussten geschlossen werden und auch die Anzahl der Mitarbeiter in Bremerhaven wurde radikal zurückgefahren.
Verbindung von SB- und Bedientheke
Heute wächst das Unternehmen wieder und beschäftigt derzeit 20 Mitarbeiter in Planung, Fertigung und Service. Internationale Ambitionen – zumindest in weit entfernten Regionen – werden nicht mehr verfolgt. Das Unternehmen Schich konzentriert sich heute auf den Theken- und Ladenbau im deutschen Sprachraum. Bis auf wenige Ausnahmen widmet man sich dabei ausschließlich dem Fischhandel, denn hier sieht man noch ausreichend Potenzial „Fisch ist ein wertvolles Produkt und braucht einen entsprechenden Rahmen. Wir sind das Unternehmen in der Nische, sind die Kreativen unter den Thekenbauern“, behauptet man selbstbewusst. Die aktuelle Thekenlinie verbindet eine Bedientheke mit einer SB-Variante, wodurch sie in jeder Geschäftsgröße flexibel eingesetzt werden kann. Sie wurde bereits auf der letzten Fischmesse in Bremen vorgestellt und seither in einigen Details verbessert. Sie kommt unter anderem in den Filialen einer großen Lebensmittelkette zum Einsatz, die mehr als 100 Fischabteilungen damit ausrüsten will. Ein Charakteristikum dieser Theke ist absolut spiegelfreies Glas, das durch eine bauliche Besonderheit hervorgerufen wird. Der obere Teil des Glases ist fünf Prozent stärker zum Kunden geneigt als der untere Teil, wodurch das Spiegelbild ausgeblendet wird.
Thermik ohne Ventilation
Vom Patentschutz in Deutschland zeigt sich der Unternehmer enttäuscht. Viele der Neuerungen aus dem Hause Schich werden nach seiner Darstellung vom Wettbewerb leicht modifiziert übernommen. „Der beste Schutz sind Innovationskraft und Geschwindigkeit“, ist er überzeugt. Als eine der wesentlichen Verbesserungen in seinen Theken sieht der gelernte Kältetechnikmeister die sogenannte ‚Strömungskälte‘, die Nachteile anderer Kühlverfahren wie zum Beispiel der Umluftkühlung, der stillen Kühlung oder der Kontaktkühlung ausschaltet. Die genaue Funktion wird aus den eben angeführten Gründen nicht erklärt, aber die Kühlung kommt ohne Ventilation aus, wodurch das Verhauten oder Austrocknen der Ware minimiert wird. „Wir nutzen die natürlichen physikalischen Eigenschaften der Luft und bekommen damit eine perfekte Thermik in unseren Möbeln“, versichert Erich Schich. Diese Innovation findet sich auch im kommenden Thekenprojekt, das den internen Arbeitstitel „Fish for Future“ trägt und eine erneute Weiterentwicklung von Form und Funktion der Verkaufsmöbel für Fisch und Seafood darstellt. So viel steht fest: Ideen zur kontinuierlichen qualitativen und optischen Verbesserung der Fischauslagen werden Erich Schich auch in Zukunft nicht ausgehen.
nik
Ehrenpreis Lebenswerk des Jahres 2014